Multiple Stressoren

Auswirkung multipler Stressoren auf Gewässerorganismen

Die Lebensgemeinschaft eines Gewässers wird häufig durch viele unterschiedliche Belastungsfaktoren, sogenannte Stressoren, beeinträchtigt. Falls die Biozönose gemäß den Definitionen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG (WRRL) keinen guten ökologischen Zustand aufweist, sind Maßnahmen zur fristgerechten Erreichung des guten ökologischen Zustands durchzuführen. Derzeit werden meist einzelne Stressoren, wie Spurenstoffe, Nährstoffe und hydromorphologische Beeinträchtigungen, bewertet und der Maßnahmenplanung zugrunde gelegt. Für eine effiziente Maßnahmenplanung ist es aber wichtig, den Anteil der Stressoren an der Gesamtbelastung, die auf die Lebensgemeinschaft einwirkt, zu kennen. Dies gilt vor allem für die Spurenstoffbelastung im Gewässer, da zum einen die Maßnahmen zu deren Reduzierung kostenintensiv sind, zum anderen Spurenstoffe in bisherigen Multi-Stressor-Analysen häufig noch unterrepräsentiert waren.

Das LANUV hat daher das Projekt „Multivariate Auswertungen der Wirkungen stofflicher Belastungen und weiterer Stressoren auf Gewässerorganismen“ (2020-2023) durchgeführt. Es wurden mit Hilfe multivariater statistischer Verfahren die Zusammenhänge zwischen der chemischen Belastung und weiteren Stressoren und die Auswirkungen dieser multiplen Stressoren auf die Lebensgemeinschaft umfassend analysiert. Dafür wurden die Effekte der Stressorgruppen Spurenstoffe, allgemeine chemisch-physikalische Parameter, Hydrologie und Hydromorphologie auf die drei biologischen Qualitätskomponenten Makrozoobenthos, Diatomeen und Fische erfasst. Es wurden zwei verschiedene Datensätze analysiert: ein erster Teildatensatz für das Einzugsgebiet von Erft und Niers und ein landesweiter Datensatz, der noch durch Daten aus den Bundesländern Sachsen, Schleswig-Holstein und Bayern ergänzt wurde.

Die Auswertungen zeigen, dass die Wasserqualität, insbesondere die Belastung mit Nährstoffen und Salz-Ionen sowie Sauerstoffmangel trotz des starken Ausbaus von Kläranlagen in den letzten Jahrzehnten noch immer wichtige Einflussfaktoren für die Lebensgemeinschaften darstellen. Ebenso wurde eine hohe Relevanz der Gewässerhydrologie (z.B. die Häufigkeit von Hoch- und Niedrigwasserereignissen und die Abflussvariabilität) für die Biozönosen festgestellt. Die in der Strukturkartierung erfasste Hydromorphologie spielte dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Die Bewertung der Effekte von Spurenstoffbelastungen stellte sich als schwierig heraus: Die hohe Anzahl der in der Umwelt vorkommenden, oft regional und saisonal variierenden Substanzen, stellt das chemische Monitoring vor große Herausforderungen. Datenlücken und das potentielle Unterschätzen von Spurenstoff-Konzentrationen, z.B. nach Starkregen-Ereignissen, limitieren die Belastbarkeit der statistischen Auswertungen. Trotzdem ergaben sich Hinweise darauf, dass die Lebensgemeinschaften der Diatomeen durch Spurenstoffe beeinträchtigt werden. Auch beim Makrozoobenthos zeigten einzelne Indikatoren (Metrics) negative Effekte einer Spurenstoffbelastung an. Insgesamt liefern die Ergebnisse für die drei Organismengruppen wichtige Informationen über relevante Stressoren und deren Belastungsquellen. Multi-Stressor-Analysen können die Bedeutung der verschiedenen Stressoren in Relation zu der Veränderung der Lebensgemeinschaften setzen und damit dazu beitragen, Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands zielgerichtet zu priorisieren.

Das Projekt wurde vom LANUV in Kooperation mit der Universität Duisburg-Essen im Auftrag des MUNV durchgeführt. Zur Auswertung wurden Daten der regionalen Wasserverbände (Ruhrverband, Erftverband, Wupperverband, Niersverband, Emschergenossenschaft und Lippeverband) sowie Daten des Bayerischen Landesamts für Umwelt, des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und des Landesamts für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt. Die Projektergebnisse wurden in wissenschaftlichen Publikationen (englisch) sowie als LANUV-Fachbericht 153 (deutsch) veröffentlicht.

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