Wirkungen von Luftverunreinigungen

Luftschadstoffe, die aus unterschiedlichen Quellen, wie z. B. der Industrie oder dem Verkehr, emittiert werden, gelangen über Transmission zu Menschen, Tieren und Pflanzen. Dort können sie Wirkungen entfalten. Sie können auch einen Einfluss auf Materialien haben und das Klima beeinflussen. Die Wirkungen von Luftverunreinigungen auf den Menschen über die Nahrung werden über verschiedene Bioindikationsverfahren mit Pflanzen ermittelt.

Eintrag von Luftschadstoffen

In Nordrhein-Westfalen werden die Einträge verschiedener Luftschadstoffe in Pflanzen ermittelt. Dazu zählen beispielsweise Schwermetalle und organische Verbindungen wie Dioxine und Furane, PAK oder PCB. Seit einigen Jahren werden auch Einträge von Pflanzenschutzmitteln in verschiedene Medien untersucht.

Schwermetalle, wie z. B. Blei, Cadmium, Kupfer oder Nickel, sind natürliche Bestandteile der Erdkruste und werden durch Aktivitäten des Menschen in die Umwelt eingetragen. So werden Metalle insbesondere bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe sowie bei ihrer Herstellung (Verhüttung) und Verarbeitung in großen Mengen freigesetzt. Weitere wichtige Emissionsquellen sind Müllverbrennungsanlagen, die Zementindustrie, die Glasindustrie und der Kraftfahrzeugverkehr. Metalle sind in der Umwelt langlebig und werden ständig weiter verbreitet. Sie wirken in bestimmten Konzentrationen toxisch (= giftig) und können die Bodenfunktionen und die Qualität der darauf wachsenden Pflanzen beeinträchtigen. So können sie sich auch in Nahrungs- und Futterpflanzen anreichern und gelangen damit in die Nahrung des Menschen. In NRW werden die Gehalte von Metallen in Nahrungs-und Futterpflanzen regelmäßig ermittelt. Die Abbildung zeigt die Abnahme der Blei-Gehalte in Graskulturen an Hintergrundstandorten und im Duisburger Hafen von 1987 bis heute.

Aufgrund ihrer Langlebigkeit, Giftigkeit und ihrer weltweiten Verbreitung werden auch die Wirkungen von persistenten organischen Schadstoffen („Persistent Organic Pollutants“ = POPs) untersucht. POPs sind chemische Verbindungen, die in der Umwelt nur langsam abgebaut werden. Besondere Umweltrelevanz ergibt sich daraus, dass sie nach ihrer Freisetzung in der Umwelt verbleiben und sich in der Nahrungskette anreichern. Damit können sie ihre schädigende Wirkung auf Ökosysteme und Mensch langfristig entfalten. Einige POPs weisen eine hohe Toxizität (=Giftigkeit) auf. Da sie auch weiträumig transportiert werden, können sie selbst in entlegenen Gebieten zu einer Belastung führen. Zu den POPs gehören Chemikalien, die zum Zwecke einer bestimmten Anwendung hergestellt wurden (z. B. PCB) aber auch solche, die unbeabsichtigt bei Verbrennungs- oder anderen thermischen Prozessen entstehen (z. B. Dioxine und Furane). Mit Hilfe von Bioindikatoren können Immissionen von organischen Schadstoffen erfasst werden. In der Abbildung sieht man die PCB-Gehalte in Grünkohl- und Graskulturen in der Nähe des Dortmunder Hafens, die 2016 eine deutliche Belastung angezeigt haben und zu weiteren Maßnahmen führten. Seit 2010 waren deshalb die Gehalte wieder deutlich geringer.

Pflanzenschutzmittel werden in der Landwirtschaft eingesetzt, um Nahrungs- und Futterpflanzen vor Schädlingen, wie z. B. Insekten oder Pilzen (Insektizide, Fungizide), zu schützen bzw. um unerwünschte Beikräuter am Wachstum zu hindern (Herbizide). Pflanzenschutzmittel können auch abseits der eigentlichen Anwendungen in verschiedenen Medien nachgewiesen werden. So findet man viele Wirkstoffe in Gewässern, weil sie beispielsweise mit dem Regen von den behandelten Flächen ausgewaschen werden. Einige Wirkstoffe können auch über die Luft verbreitet werden. Diese werden dann z. B.  mit dem Regen ausgewaschen und landen auf Pflanzen oder im Boden. Diese Einträge werden in NRW mithilfe von Bulk-Sammlern zum Auffangen der nassen und trockenen Deposition erfasst. Darüberhinaus werden auch Untersuchungen mit Pflanzen durchgeführt.

Bioindikation

Bioindikatoren sind Organismen oder Organismengemeinschaften, die auf Schadstoffbelastungen mit Veränderungen ihrer Lebensfunktion reagieren (=Reaktionsindikatoren) bzw. den Schadstoff akkumulieren (= Akkumulationsindikatoren). In der Vergangenheit wurden in NRW Flechten als Reaktionsindikatoren eingesetzt. Heute kommen in der Regel nur noch Akkumulationsindikatoren, wie z. B.  die Graskultur und Grünkohl, zum Einsatz. Diese werden meist aktiv an Belastungsstandorten exponiert. Bei Schadensfällen werden Nahrungspflanzen passiv beprobt, wie z. B. beim Löwenzahnscreening.

Das Verfahren der standardisierten Graskultur wird im Rahmen des Wirkungsdauermessprogrammes zwischen Mai und September nach der Richtlinie VDI 3957 Blatt 2 durchgeführt. Als Akzeptorpflanze wird die Grasart Lolium multiflorum (ssp. italicum) verwendet, die gut luftverunreinigende Stoffe anreichern kann. Das Gras verbleibt jeweils vier Wochen an einem Standort und wird anschließend auf Schwermetalle und an acht Messstationen zusätzlich auf organische Schadstoffe untersucht.

Das Verfahren der Grünkohlexposition wird nach der Richtlinie VDI 3957 Blatt 4 zwischen Mitte August bis Mitte November im Rahmen des Wirkungsdauermessprogramms eingesetzt.  Dabei werden Grünkohlpflanzen in Pflanzcontainern exponiert. Grünkohl vermag aufgrund der Oberflächenstruktur der Blätter und der wachshaltigen Kutikula in besonderem Maße lipophile (=fettlösliche), organische Verbindungen zu binden. Nach der Ernte wird der Grünkohl gewaschen und küchenfertig aufbereitet. Die Proben werden auf Schwermetalle und organische Schadstoffe untersucht. Das Grünkohlexpositionsverfahren wird auch bei Untersuchungen an verschiedenen Belastungsschwerpunkten eingesetzt. Dabei ist es wichtig, dass es sich bei Grünkohl um eine Nahrungspflanze handelt. So kann über den Schadstoffgehalt im Grünkohl die Gefährdung für die Bürgerinnen und Bürger direkt berechnet und ggfls. eine Verzehrempfehlung ausgesprochen werden.

Das Löwenzahnscreening ist eine standardisierte Methode (Richtlinie VDI 3957 Blatt 7), um z. B. bei Störfällen in Industriebetrieben oder Bränden zeitnah eine Aussage über die Reichweite der Belastung und eine gesundheitliche Einschätzung von Nahrungspflanzen vorzunehmen. Dabei werden vor Ort wachsende Löwenzahnpflanzen beprobt, die potentiell Schadstoffen ausgesetzt waren. Löwenzahn wächst nahezu überall und kann zu jeder Jahreszeit beprobt werden. Die ermittelten Gehalte können mit Hintergrundwerten für NRW verglichen werden.

Wirkungsdauermessprogramm

Das Wirkungsdauermessprogramm (WDMP) wurde 1995 im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NRW zur Langzeitbeobachtung immissionsbedingter Wirkungen vom Landesumweltamt NRW konzipiert und umgesetzt. Teilweise konnte auch auf ältere Daten früherer Messprogramme zurückgegriffen werden, so dass mittlerweile für einige Schwermetall-Immissionen Zeitreihen über einen Zeitraum von über 25 Jahren vorliegen. Die Langzeitbeobachtung immissionsbedingter Wirkungen dient zum einen der Ermittlung von Hintergrunddaten für die unterschiedlich belasteten Räume in NRW und deren Charakterisierung. Daraus können Zeitreihen erstellt, Trends ermittelt und Basisdaten für die Umweltberichterstattung sowie Referenzwerte für Gutachten abgeleitet werden. Zum anderen ist das Ziel aber auch die Überwachung von (potentiellen) Emittenten und die Erfolgskontrolle emissions- und immissionsmindernder Maßnahmen. Darüber hinaus dient das WDMP der Qualitätssicherung von Bioindikationsverfahren.

Momentan erfolgen an 14 Messstationen Eintrags- und Depositionsmessungen, Staubniederschlagsmessungen und die Exposition von standardisierter Graskultur und Grünkohl.

Neben der Untersuchung der Pflanzen und des Staubniederschlags auf Schwermetalle, werden seit 1998 (Grünkohl) bzw. 2003 (Gras) auch verschiedene, humantoxikologisch relevante, organische Komponenten bestimmt. Diese persistenten organischen Schadstoffe (Persistent organic pollutants = POPs) sind polychlorierte Biphenyle (PCB), dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (dl-PCB),  polychlorierte Dibenzodioxine/ - Furane sowie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und deren Leitkomponente Benzo-(a)-Pyren (BaP).

Dabei dienen die Messstationen an den Waldstandorten im Eggegebirge (Velmerstot), im Rothaargebirge (Hilchenbach), im Bergischen Land (Osenberg) und in der Eifel (Simmerath), die Standorte im landwirtschaftlichen Bereich in Bocholt und in Gütersloh sowie die städtischen Standorte in Köln, Langenfeld, Essen, Dortmund und Duisburg-Walsum der Erfassung der Hintergrundbelastung in NRW. Die Messstation im Duisburger Hafen dient der Überwachung eines stark industriell geprägten Bereiches; die Messstation auf einer Verkehrsinsel in Düsseldorf -Mörsenbroich dient der Erfassung eines stark verkehrsbelasteten Standortes. Die Messstation in Bottrop ist ebenfalls durch eine Quelle beeinflusst, da sie sich in unmittelbarer Nähe zu einer Kokerei befindet.

Sonderuntersuchungsprogramme

Aus Industriebetrieben können z. B. bei Störfällen Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Diese können sich auch in Nahrungspflanzen anreichern. Deshalb werden in diesen Fällen Nahrungspflanzen im betroffenen Gebiet untersucht. Hierbei sind insbesondere Pflanzen interessant, deren Blätter verzehrt werden, wie etwa Grünkohl, Mangold, Spinat und Salat. Die beaufschlagten Pflanzen werden dann im Umkreis des Industriebetriebes z. B. aus betroffenen Gärten geerntet, küchenfertig aufbereitet und auf Schadstoffe untersucht.

Klimawirkungen

In NRW werden in zwei phänologischen Gärten die Wirkungen des Wetters, der Witterung und des Klimas auf die Entwicklungsphasen der Pflanzen untersucht. Es wird beispielsweise erfasst, wann der Blühbeginn erfolgt oder Früchte reif sind. Die Phänolgie ist ein besonders sensitiver Indikator für den Klimawandel, weil anders als bei rein chemisch-physikalischen Messungen alle Einwirkunsfaktoren integrativ erfasst werden.

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