Besonders hohe Belastungen mit per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) sind in NRW erstmalig im Jahr 2006 in Einzugsgebieten von Möhne und Ruhr festgestellt worden. Die Stoffe waren im Hochsauerland aufgrund krimineller Abfallverbringungen, als „Biodünger“ getarnt, über landwirtschaftliche Nutzflächen in die Schutzgüter Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer und nicht zuletzt auch in das Trinkwasser gelangt. Durch die Anreicherung der Schadstoffe entlang der linearen Nahrungsketten entstand auch im Rahmen der Lebensmittelsicherheit Handlungsbedarf.
Im Verlauf der behördlichen Ermittlungen im Schadensfall an Möhne und Ruhr sowie im Weiteren auch zu PFAS-Belastungen anderer Ursachen wurden zahlreiche Untersuchungen der Probengüter Boden, Oberflächenwasser, Grundwasser, Trinkwasser, Abwasser, Klärschlamm, Fische, Lebens- und Futtermittel durchgeführt. Im Bereich Lebensmittel zählten ein Fisch-Monitoring der betroffenen Gewässer, ein Kartoffel-Monitoring, Muttermilchuntersuchungen sowie Analysen bei Milch, Schlachtvieh und Wildschweinen zu den untersuchten Medien.
Nach Bekanntwerden der PFAS (Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen)-Problematik im Raum Arnsberg und Soest wurden dort bereits in den Jahren 2006 - 2008 Wildfische untersucht und auf Grundlage dieser Untersuchungsergebnisse wurde eine Verzehrempfehlung veröffentlicht, die sich an dem im jeweiligen Gewässerabschnitt am stärksten belasteten Fisch orientierte. Es wurde berechnet, wie oft Wildfisch pro Monat aus gesundheitlicher Sicht unbedenklich konsumiert werden kann.
Bei den PFAS handelt es sich um Stoffe, die eine hohe Persistenz besitzen und somit sehr lange in der Umwelt verbleiben können. Einige PFAS (z.B. PFOS) reichern sich in der Nahrungskette an und gelangen so in den menschlichen Körper, aus dem sie nur sehr langsam wieder ausgeschieden werden. Die Konzentrationen in der Umwelt nehmen aufgrund der in der Vergangenheit bereits ergriffenen Maßnahmen zwar ab. Aufgrund der Persistenz von PFOS und PFOA in der Umwelt ist aber von einer langjährigen Belastung verschiedener Umweltmedien und somit auch des Menschen auszugehen. Nach Einschätzung des BfR bedeuten kurzfristig erhöhte Aufnahmemengen, die im Bereich der TWI-Werte liegen, nicht zwangsläufig, dass gesundheitsgefährdende Konzentrationen im Blut vorliegen.
Derzeit gelten folgende aktualisierte Verzehrempfehlungen:
Gewässer | Messstelle | Empfohlener max. Fischverzehr |
Möhne oberhalb des Möhnesees | (M 11) Haltepunkt Kneblinghausen | 1 x pro Jahr |
Möhne unterhalb des Möhnesees und Möhnesee | Möhnetalsperre (Hauptsperre) | 1 x pro Jahr |
(M 75) vor Mdg. in die Ruhr | 1 x pro Jahr | |
Untere Ruhr/ Baldeneysee | (R 26) Pegel Bachum | 5 x pro Jahr |
Baldeneysee | 5 x pro Jahr | |
(R 68) Unterhalb Kettwiger Stau | 5 x pro Jahr | |
Ruhr-Mündung* | 6 x pro Jahr (Rotauge)* 2 x pro Jahr (Barsch)* |
Die Empfehlungen basieren auf Probenahmen aus 2019/2020 und dem TWI-Wert der EFSA (2020) für die Summe aus PFOS, PFOA, PFHxS und PFNA (PFAS-4) in Höhe von 4,4 ng/kg Körpergewicht. Aus Vorsorgegründen wurde das 95. Perzentil der untersuchten Fische als Berechnungsgrundlage für die maximale Fischverzehrmenge herangezogen. Das 95. Perzentil bezeichnet den Wert, oberhalb dessen nur 5 Prozent der untersuchten Fische höhere PFAS-4 Belastungen aufweisen, d.h. 95% der untersuchten Fische weisen geringere (oder gleich hohe) PFAS-4 Belastungen auf.
In der EU-Kontaminantenverordnung (EU) 2023/915 wurden erstmals zum 01.01.2023 Höchstgehalte für PFAS in Lebensmitteln festgesetzt. Diese Höchstgehalte dienen im Wesentlichen dazu, die Verkehrsfähigkeit von gehandelten Lebensmitteln zu beurteilen. Dies ermöglicht den Lebensmittelunternehmern im Rahmen ihrer Eigenkontrollen zu hoch belastete Lebensmittel nicht erst in den Verkehr zu bringen. Andererseits können jetzt die zuständigen Behörden zu hoch belastete Chargen auch wieder vom Markt nehmen.
Die EU-Höchstgehalte können nicht zur gesundheitlichen Bewertung von mit PFAS-belasteten selbst gefangenen Wildfischen herangezogen werden.
Anders als die EU-Höchstgehalte sind die Verzehrempfehlungen nicht bindend, sondern stellen eine Empfehlung für die Angler und Anglerinnen dar. Hierdurch werden angelnde Personen in die Lage versetzt, eine qualifizierte Entscheidung zum Schutz der eigenen Gesundheit zu treffen.
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