Nordrhein-Westfalen unterhält ein Treibhausgas-Emissionsinventar, das sich an den Vorgaben des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC 2006) orientiert. Die Treibhausgase (THG) Kohlenstoffdioxid, Methan, Lachgas sowie HFC, PFC, SF6 und NF3 werden darin für die IPCC-Sektoren Energie, Industrieprozesse, Landwirtschaft, Abfall und Sonstige detailliert dokumentiert.
Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen insgesamt 218,0 Mio. t CO2-Äquivalente emittiert. Dies bedeutet eine weitgehend konstante Emissionsentwicklung gegenüber dem Vorjahr 2021. Die Emissionen sind im Berichtsjahr 2022 leicht um rund 0,8 Mio. t CO2-Äquivalente, bzw. 0,4 % gestiegen. Gegenüber dem Emissionsniveau von 1990 bedeutet dies eine Minderung von ca. 41 %.
Mit 44,5 % entstanden im Jahr 2022 etwas weniger als die Hälfte der THG-Emissionen im Sektor Energiewirtschaft (Abbildung 1). Weitere bedeutende Emissionssektoren sind die Emissionen der Industrie (24,8 %), der Verkehr (14,6 %) sowie Haushalte und Kleinverbraucher (11,0 %). Die Bereiche Landwirtschaft und Abfall verursachen 3,0 % bzw. 0,3 % der nordrhein-westfälischen Treibhausgas-Emissionen. Flüchtige Emissionen aus Brennstoffen, z. B. aus Steinkohlezechen und der Öl- und Gaswirtschaft, machen etwa 0,4 % der Emissionen aus. Durch Produktanwendungen wie beispielsweise Pkw-Klimaanlagen und Gebäudekälte entstehen ebenfalls etwa 1,5 % der THG-Emissionen.
Die Zeitreihe ab 1990 (Tabelle 1 und Abbildungen 2/3 und 4) zeigt folgende Entwicklung:
Zwischen den Jahren 1990 und 2005 sind erhebliche Minderungen der THG-Emissionen um rund 40 Mio. t CO2eq zu verzeichnen, die im Wesentlichen in den Sektoren Industrie (technische Maßnahmen/Strukturwandel), Flüchtige Emissionen aus Brennstoffen (Grubengas aus Steinkohlezechen) und Abfall (Reduzierung/Erfassung von Deponiegasen) stattfinden. Im weiteren Verlauf zeigt sich im Jahr 2009 ein deutlicher, durch die Wirtschaftskrise verursachter Rückgang der Emissionen. Die folgenden Jahre bis 2013 bringen insgesamt einen Anstieg auf Grund der konjunkturellen Erholung. Im Jahre 2014 folgt eine deutliche Reduzierung, die zu einem großen Teil auf die milde Witterung zurückzuführen ist. Es ist aber in NRW auch eine Reduzierung der Emissionen im Sektor Energiewirtschaft festzustellen, deren Ursache in einer Reduktion der Verstromung fossiler Brennstoffe liegt. Im Jahr 2015 setzt sich diese Tendenz noch fort. Dies gilt allerdings nicht mehr für das Jahr 2016, in dem nur wenige Kraftwerksblöcke abgeschaltet wurden und auch neue Gaskraftwerke in Betrieb gegangen sind. In den Jahren 2017 und 2018 sind die Emissionen in der Energiewirtschaft weiter gesunken. Auch im Jahr 2019 ist eine fortschreitende Emissionsminderung im Sektor Energiewirtschaft festzustellen, deren Ursache in einer insgesamt geringeren Auslastung der Kraftwerke und der Stilllegung einzelner Kraftwerksblöcke liegt. Im Jahr 2020 setzt sich der deutliche Emissionsrückgang der Vorjahre fort. Große Emissionsrückgänge sind aus der sinkenden Verstromung von Braun- und Steinkohle zu verzeichnen, trotz der Inbetriebnahme des Kraftwerks Datteln 4. Emissionsmindernd wirken sich zudem der gestiegene CO2-Preis sowie die Corona-Pandemie aus. Im Jahr 2021 entfällt auf Grund der witterungsbedingt niedrigen Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien ein erhöhter Anteil im Energiemix auf Braun- und Steinkohle. Dies hat einen Anstieg der Emissionen zur Folge. Im Jahr 2022 belaufen sich die Treibhausgas-Emissionen der Energiewirtschaft auf 97,1 Mio. t CO2eq. Sie liegen damit 6,1 Mio. t CO2eq, bzw. rund 7 % über dem Emissionsniveau des Jahres 2021. Wie bereits im Jahr 2021 sind die Stein- und Braunkohleeinsätze zur Gewinnung von Strom und Wärme weiter angestiegen. Der Arbeitskreis Energiebilanzen (AGEB 2023) erklärt den vermehrten Einsatz dieser Energieträger mit der Substitution einer verminderten Stromerzeugung aus Kernkraft und Erdgas. Gemäß AGEB (2023) wurden im Jahr 2022 der Energieverbrauch sowie der Energiemix in hohem Maße durch die Folgen der Invasion Russlands in die Ukraine, den Stopp russischer Gaslieferungen nach Deutschland, einer damit verbundenen Steigerung der Energiepreise sowie den Vorbereitungen zur Bekämpfung einer drohenden Energiekrise geprägt. Der Rückgang der Stromerzeugung aus Kernenergie sowie krisenbedingt aus Erdgas hatte in der Öffentlichen Strom- und Wärmeversorgung einen vermehrten Einsatz von Stein- und Braunkohle zur Folge. Emissionssteigernd wirkte sich laut UBA (2023) zudem eine insgesamt vermehrte Stromproduktion als Beitrag zur Sicherung der Versorgungssicherheit im europäischen Ausland aus. In Nordrhein-Westfalen stiegen die Emissionen aus der Kohleverstromung von 70,1 Mio. t CO2eq im Jahr 2021 um rund 9 % auf 76,7 Mio. t CO2eq im Jahr 2022. Die Emissionen aus der Nutzung von Braunkohle stiegen dabei um rund 6 % an, die Emissionen aus der Nutzung von Steinkohle in Kraftwerken der Energiewirtschaft erhöhten sich um 22 %. Insgesamt ist der Energiemix 2022 in Deutschland der AGEB (2023) zur Folge aufgrund gezielter Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise kohlenstoffintensiver geworden. Auf Bundesebene sind die Emissionen der Energiewirtschaft zwischen den Jahren 2021 und 2022 um 4,4 % gestiegen (UBA 2023). Auch ein Anstieg der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien konnte diese negative Entwicklungsentwicklung nicht ausgleichen. Gegenüber dem windschwachen Vorjahr 2021 nahm die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien 2022 zu. Deutschlandweit stellen die erneuerbaren Energien im Jahr 2022 die wichtigste heimische Energiequelle dar (AGEB 2023).
Im Berichtsjahr 2022 sind die Industrie-Emissionen in Nordrhein-Westfalen um ca. 4,2 Mio. t CO2eq gesunken. Dies entspricht einer Emissionsminderung von 7,3 % im Vergleich zum Vorjahr. Auch auf Bundesebene sind die Emissionen der Industrie zwischen den Jahren 2021 und 2022 um 10,4 % zurückgegangen (UBA 2023).
Die Produktionsindices der betrachteten Sektoren spiegeln in vielen Branchen die negativen Auswirkungen der Ukraine-Krise wider (IT.NRW 2023). Gemäß AGEB (2023) sank die Produktion im produzierenden sowie verarbeitenden Gewerbe im Jahr 2022 infolge der hohen Energiepreise sowie infolge von Material- bzw. Lieferengpässen. Von den Energiepreissteigerungen waren insbesondere energieintensive Wirtschaftszweige betroffen. Mit Ausnahme der Nahrungsmittelindustrie sind die Emissionen aller nordrhein-westfälischen Industriesektoren im Berichtsjahr 2022 gesunken. Mit einer Minderung von 14,8 % sind im Sektor 1A2d (Zellstoff, Papier, Druck) die höchsten Emissionsminderungen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Analog zu den gesunkenen Produktionsindices sind in der Eisen- und Stahlindustrie (Sektor 1A2a) ein Rückgang von 6,5 %, in der chemischen Industrie (Sektor 1A2c) eine Minderung von 8,3 % und bei der Verarbeitung von Nichteisen-Metallen (Sektor 1A2b) ein Emissionsrückgang von 5,5 % zu beobachten. Auch der Sektor 1A2f (Nichtmetallische Minerale) hat trotz positiver Konjunktureffekte leichte Emissionsminderungen zu verzeichnen. Diese Entwicklung entspricht den Tendenzen auf Bundesebene, wo energieintensive Wirtschaftszweige wie die „Herstellung von chemischen Erzeugnissen“, die „Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus“ oder die „Metallerzeugung und -bearbeitung“ erhebliche Produktionsrückgange zu verzeichnen hatten, nachdem sie im vergangenen Jahr 2021 ihre Produktion noch ausweiten konnten (AGEB 2023). Die AGEB postuliert, dass die hohen Energiepreise in Kombination mit der Sorge vor Unterbrechungen in der Energieversorgung bei den Unternehmen Anreize zur Hebung ungenutzter Effizienzpotenziale sowie zur Investition in Energiespartechnologien gesetzt haben könnten. Dies könnte zur Folge haben, dass trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage in der Industrie entsprechende Einspar- und Substitutionsbemühungen zu Emissionsminderungen führen können.
Die Emissionen im Verkehrssektor sind im Jahr 2022 angestiegen. Die Emissionsveränderung liegt insgesamt bei 5,2 %. Bundesweit ist eine vergleichbare Emissionsentwicklung zu verzeichnen. Auf Bundesebene stiegen die Emissionen des Verkehrs gegenüber 2021 um 2,3 % (UBA 2023).
Im Bereich des Flugverkehrs ist in Nordrhein-Westfalen im Berichtsjahr 2022 eine deutliche Erholung der Passagierzahlen sowie des Frachtaufkommens zu beobachten. Die Passagierzahlen sowie das Frachtaufkommen an den NRW-Flughäfen haben sich im Jahr 2022 um fast 60 % im Vergleich zum Vorjahr gesteigert (Destatis 2023). Diese Entwicklung spiegelt die Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen und damit verbundene Nachholeffekte wider. Die Emissionen dieses Subsektors stiegen um rund 48,7 % im Vergleich zum Vorjahr. Im Gegenzug weisen die Subsektoren Schiene und Schiff leichte Emissionsminderungen von 5,3 %, bzw. 7,0 % im Vergleich zum Vorjahr auf. Die Emissionen des Straßenverkehrs steigen dem Bundestrend folgend zwischen den Jahren 2021 und 2022 um 4,3 % an. Diese Entwicklung lässt sich differenziert nach Fahrzeugklassen darlegen: die Emissionen im Bereich von Pkw, leichten Nutzfahrzeugen, Bussen, Krafträdern sowie Last- und Sattelzügen stiegen im Berichtsjahr 2022 trotz gestiegener Kraftstoffpreise an. Die Emissionssteigerung rangierte dabei zwischen 0,8 % bei Last- und Sattelzügen und 10,8 % bei Krafträdern. Pkw-Emissionen stiegen zwischen den Jahren 2021 und 2022 um 5,7 % an. Die hohen Kraftstoffpreise trugen gemäß AGEB (2023) nicht dazu bei, dass auf Fahrten mit dem eigenen Pkw verzichtet wurde. Auch die temporäre Einführung des „9-Euro-Tickets“ konnte der steigenden Emissionsentwicklung nicht entgegenwirken (UBA 2023). Emissionssteigernd hat sich zudem der „Tankrabatt“ der Bundesregierung, d. h. die Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe, ausgewirkt. Auch ein deutlicher Anstieg der Neuzulassungen von Hybrid- und Elektrofahrzeugen im Jahr 2022 in Nordrhein-Westfalen konnte diese Emissionsentwicklung nicht ausgleichen.
Im Sektor 1A4-5 Haushalte und Kleinverbrauch sind die Emissionen im aktuellen Bilanzjahr 2022 um 2,1 Mio. t CO2eq, bzw. 8,0 % auf 24,0 Mio. t CO2eq gesunken. Im Bundesdurchschnitt sind die Emissionen dieses Sektors im gleichen Zeitraum um 5,3 % gesunken (UBA 2023). Die Emissionen der privaten Haushalte verringerten sich gemäß AGEB 2023 im Jahr 2022 aufgrund des Witterungseffektes und der Einspar- sowie Substitutionsbemühungen der Verbraucher. Letztere sind vornehmlich auf die gestiegenen Energiepreise zurückzuführen (UBA 2023). Die milde Witterung des Jahres 2022 unterstützte die Einsparmaßnahmen in diesem Sektor. Gegenläufig haben sich mutmaßlich die gestiegenen Heizölkäufe ausgewirkt. In Erwartung einer möglichen Energiekrise sind die Absätze von leichtem Heizöl im Jahr 2022, nach den verminderten Heizölkäufen des Vorjahres, erneut angestiegen (UBA 2023).
Im Bereich Produktanwendung/Sonstige ist im Jahr 2022 eine Emissionsminderung um 3,8 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Emissionen dieses Sektors entstehen u. a. in Pkw- und Gebäudeklimaanlagen. Die Entwicklung der Emissionen in diesem Bereich unterliegt in Abhängigkeit von der Einführung neuer Technologien jährlichen Schwankungen. Für die aufgezeigte Minderung im Berichtsjahr 2022 ist dem Umweltbundesamt (2023) zu Folge überwiegend ein verringerter Ausstoß von Fluorierten Gasen verantwortlich.
Im Sektor Landwirtschaft sind die Emissionen im Berichtsjahr 2022 um 8,3 % auf 6,4 Mio. t CO2eq gesunken. Gründe hierfür sind vor allem in den weiter abnehmenden Tierbeständen zu finden. Im Sektor Abfall ist eine erhebliche Emissionssteigerung um 64,6 % zu verzeichnen. Mit Emissionen in Höhe von 0,7 Mio. t CO2eq macht der Sektor Abfall jedoch weiterhin nur einen Anteil von 0,3 % der Gesamtemissionen Nordrhein-Westfalens aus.
Insgesamt ergeben sich im Jahr 2022 Gesamtemissionen in Höhe von 218,0 Mio. t CO2eq. Sie liegen damit um 0,4 % über dem Emissionsniveau des Vorjahres. Im Vergleich zum Basisjahr 1990 sind die Emissionen im Jahr 2022 um ca. 41 % gesunken.
Aus den bisher vorliegenden Daten, insbesondere den Emissionsberichten des Emissionshandels, ergibt sich folgendes Bild für die Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Jahr 2023:
Die Emissionen in der Energiewirtschaft nehmen im Jahr 2023 stark ab. Die Emissionen in diesem Sektor sinken in Nordrhein-Westfalen um ca. 25,2 Mio. t CO2eq auf 71,9 Mio. t CO2eq. Dies entspricht einer Emissionsminderung von 26,0 % gegenüber dem Jahr 2022. Im Bundesdurchschnitt sind die Emissionen des Sektors Energiewirtschaft laut UBA 2024 im gleichen Zeitraum mit rund 51,8 Mio. t CO2eq um 20,1 % gesunken. Diese Emissionsminderungen sind laut UBA (2024) im Wesentlichen durch einen Rückgang beim Einsatz von Braun- und Steinkohle sowie bei Erdgas zu erklären. Emissionsmindernd wirkte sich laut UBA (2024) zudem ein Stromimportüberschuss aus dem Ausland aus. Die Erzeugung von Fernwärme (Heizwerke und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen) nahm im Berichtsjahr 2023 vor allem bedingt durch die milderen Außentemperaturen ebenfalls ab (AGEB 2024). Positiven Einfluss auf die Emissionsentwicklung nahmen zudem der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie ein erhöhtes Wind- und Wasserdargebot, so dass die erneuerbaren Energien im Gesamtergebnis 2023 bundesweit die wichtigste heimische Energiequelle darstellten (AGEB 2024).
In Nordrhein-Westfalen sanken die Emissionen aus der Kohleverstromung deutlich von 76,7 Mio. t CO2eq im Jahr 2022 um rund 31 % auf 52,7 Mio. t CO2eq im Jahr 2023. Die Emissionen aus der Nutzung von Braunkohle sanken dabei um 29,0 %, die Emissionen aus der Nutzung von Steinkohle in Kraftwerken der Energiewirtschaft verminderten sich um 38,6 %. Die Brennstoff-Emissionen aus der Verstromung von Erdgas sind in der nordrhein-westfälischen Energiewirtschaft im Jahr 2023 um 1,9 % auf 6,8 Mio. t CO2eq gestiegen.
Weiterhin sind für das Jahr 2023 folgende Tendenzen erkennbar:
Insgesamt ergeben sich daraus für Nordrhein-Westfalen vorläufige Emissionen für das Jahr 2023 von 187,5 Mio. t CO2eq. Dies bedeutet eine Emissionsminderung um 30,6 Mio. t CO2eq bzw. 14,0 % im Vergleich zum Vorjahr 2022. Gegenüber 1990 sinken die Emissionen im Berichtsjahr 2023 voraussichtlich um rund 49 %.
Stellvertretende Fachbereichsleitung
Luftreinhaltung, Emissionskataster
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