FFH-Verträglichkeitsprüfung

Ziel der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 92/43EWG (FFH-RL) ist es, den günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume (Anh. I) und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten  (Anh. II) von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren bzw. wiederherzustellen ("Verschlechterungsverbot"). Demnach sind alle Vorhaben, Maßnahmen, Veränderungen oder Störungen verboten, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in den für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können. Um dies langfristig sicher zu stellen, hat der Gesetzgeber auf Bundesebene mit dem §34 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) die Pflicht zur Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung bei Plänen und Projekten rechtlich verankert, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen/Projekten die Erhaltungsziele eines Natura 2000-Gebietes (FFH-/Vogelschutzgebiet) erheblich beeinträchtigen können.
Bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung handelt es sich um ein eigenständiges Verfahren, das nicht durch andere Prüfverfahren ersetzt werden kann (z.B. Umweltverträglichkeitsprüfung, Artenschutzprüfung).

Ablauf und Inhalte einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)

Bei der FFH-VP handelt es sich i.d.R. um ein dreistufiges Prüfverfahren. 

  1. Stufe I: FFH-Vorprüfung (Screening)

Zunächst ist durch eine überschlägige Prognose unter Berücksichtigung möglicher Summationseffekte zu klären, ob erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele eines betroffenen Natura 2000-Gebietes in Betracht kommen bzw. diese auszuschließen sind (Vorsorgegrundsatz). Dazu sind die aktuell verfügbaren Informationen/Datengrundlagen vom Vorhabenträger einzuholen. Als Prüfgegenstand gelten:   

  • Lebensraumtypen (LRT) nach Anh. I der FFH-Richtlinie einschließlich ihrer charakteristischen Arten,
  • Arten nach Anh. II der FFH-Richtlinie bzw. Vogelarten nach Anh. I und Art. 4 Abs. 2 der EU-Vogelschutzrichtlinie einschließlich ihrer Habitate,  
  • biotische/abiotische Standortfaktoren, räumlich-funktionale Beziehungen, Strukturen, die für die o.g. Lebensräume/Arten von Bedeutung sind.

Für den Fall, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen auf ein Natura 2000-Gebiet auftreten, wäre der Plan/das Projekt gem. § 34 BNatSchG i.V.m. § 53 Abs. 1 LNatSchG NRW zulässig. Bei zu erwartenden erheblichen Beeinträchtigungen ist eine vertiefende Prüfung erforderlich. 

  1. Stufe II: Vertiefende Prüfung der Erheblichkeit

Wenn Zweifel bestehen, ob erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können, muss zur genaueren Prüfung eine vertiefende FFH-Verträglichkeitsprüfung gem. § 34 BNatSchG i.V.m. § 53 LNatSchG NRW vom Vorhabenträger durchgeführt werden, in der Vermeidungsmaßnahmen, Schadensbegrenzungsmaßnahmen und ggf. auch ein Risikomanagement konzipiert wird. Anschließend muss geprüft werden, bei welchen FFH-Lebensraumtypen und -Arten trotz dieser Maßnahmen erhebliche Beeinträchtigungen auftreten. Für den Fall, dass erhebliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind, wäre der Plan/das Projekt zunächst unzulässig. Abweichend davon gibt es gem. § 34 Abs. 3 BNatSchG jedoch Gründe, die eine Zulassung des Plans/des Projektes dennoch ermöglichen können.    

  1. Stufe III: Ausnahmeverfahren

Abschließend wird geprüft, ob die folgenden Ausnahmevoraussetzungen erfüllt sind und der Plan/das Projekt abweichend zugelassen bzw. durchgeführt werden darf und zwar:   

  • keine zumutbaren Alternativen (ohne bzw. mit nur geringen Beeinträchtigungen) und
  • zwingende Gründe des überwiegend öffentlichen Interesses, einschließlich sozialer/wirtschaftlicher Art.

Wird ein Plan/ein Projekt demnach zugelassen bzw. durchgeführt, sind gem. § 34 Abs. 5 BNatSchG i.V.m. § 53 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG NRW auch die notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen zum Erhalt des europäischen Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“ vom Projektträger umzusetzen.      

Die „Summationsprüfung“ ist ein wichtiger Bestandteil bei der Durchführung der FFH-VP, weil gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG auch zu überprüfen ist, ob ein geplantes Vorhaben im Zusammenwirken (kumulative Wirkungen) mit anderen Plänen/Projekten zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele eines Natura 2000-Gebietes führen könnte.

Entscheidend dabei ist die Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigungen. Diese sind einzelfallbezogen anhand von Kriterien wie Umfang, Intensität und Dauer der zu erwartenden Beeinträchtigungen zu ermitteln.

Das Fachinformationssystem (FIS) "FFH-Verträglichkeitsprüfungen in NRW"

Das FIS dient der systematischen Dokumentation der in NRW durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfungen (FFH-VP) von Plänen und Projekten (LNatSchG NRW).
Im FIS gibt es einen allgemeinen öffentlichen Bereich sowie einen Bereich für regristrierte Nutzer (z.B. Vorhabenträger). Vorliegende Daten zu bereits durchgeführten FFH-VP können im FIS eingesehen und für die bereits o.g. „Summationsprüfung“ verwendet werden.

Neu durchgeführte FFH-VP sind dort ebenfalls dokumentiert bzw. können bei Bedarf auch nachbearbeitet werden. Im allgemeinen öffentlichen Bereich steht den Nutzern auch ein Bereich zum „Download“ zur Verfügung, in dem die VV-Habitatschutz (zur Anwendung der FFH-/Vogelschutzrichtlinie), aber auch verschiedene Leitfäden und Arbeitshilfen abrufbar sind (u.a. zur Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete, charakteristische Arten der Lebensraumtypen in NRW).     

Das Fachinformationssystem (FIS) „FFH-Verträglichkeitsprüfungen in NRW“ ist unter dem nachfolgenden Link erreichbar.      

http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/ffh-vp/

 

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