Schadstoffe in Böden

Ein bedeutendes Themenfeld des Bodenschutzes ist der Umgang mit Schadstoffen in Böden.

Schadstoffe sind giftig (akut toxisch, chronisch toxisch und/oder krebserregend) und können auf verschiedene Weise schädlich für die Umwelt wirken. So können sie neben der direkten Schädigung der Bodenlebewesen in Gewässer gelangen und die dortigen Lebewesen schädigen oder in das für die Trinkwassergewinnung verwendete Rohwasser gelangen. Sie können direkt auf Menschen einwirken über die Luft (gasförmig oder staubgebunden) oder über die orale Aufnahme z.B. durch das spielende Kind. Indirekt können Schadstoffe auch von Pflanzen aufgenommen und in den verzehrfähigen Pflanzenteilen angereichert werden oder zu einer Belastung von Futtermitteln führen, die wiederum eine Belastung tierischer Lebensmittel zur Folge haben, siehe LANUV-Info 13 über "Ursachen – Wirkungen – Bewertung – Handlungsempfehlungen".

In den Boden gelangen Schadstoffe auf unterschiedlichem Wege:

  • Unfälle oder zurückliegende aus heutiger Sicht unsachgemäße industrielle/gewerbliche Praxis haben vielerorts zum Eintrag von bodengefährdenden Stoffen geführt.
  • Schadstoffe aus der Luft kommen über Deposition (Staub, Regen) auf die Bodenoberfläche.
  • Schadstoffe in Gewässern und deren Sedimenten gelangen bei Hochwasserereignissen auf Überschwemmungsflächen.
  • Schadstoffe in Klärschlämmen, Komposten, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln werden in landwirtschaftlich genutzte Böden eingetragen.
  • Natürliche Gesteine mit hohen Schwermetallgehalten kommen selten auch direkt an der Erdoberfläche vor und bedingen dort flächenhafte schädliche Bodenveränderungen.

Giftige Wirkungen sind für eine Vielzahl von Stoffen bekannt.

Organische Schadstoffe

Persistenten organischen Schadstoffen („Persistent Organic Pollutants“ = POPs) sind aufgrund ihrer Langlebigkeit, Giftigkeit und ihrer weltweiten Verbreitung sehr umweltrelevant. POPs sind chemische Verbindungen, die in der Umwelt nur langsam abgebaut werden. Sie verbleiben nach ihrer Freisetzung in der Umwelt und reichern sich in der Nahrungskette an. Damit können sie ihre schädigende Wirkung auf Ökosysteme und Mensch langfristig entfalten. Einige POPs weisen eine hohe Toxizität (=Giftigkeit) auf. Da sie auch weiträumig transportiert werden, können sie selbst in entlegenen Gebieten zu einer Belastung führen. Zu den POPs gehören Chemikalien, die zum Zwecke einer bestimmten Anwendung hergestellt wurden (z. B. PCB) aber auch solche, die unbeabsichtigt bei Verbrennungs- oder anderen thermischen Prozessen entstehen (z. B. Dioxine und Furane).  Die wichtigsten Verbindungen sind:

  • PAK (Polyzyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe; insgesamt über 100 Verbindungen) stammen vor allem aus unvollständiger Verbrennung z.B. in Kraftwerken, Kokereien, im Verkehr aber auch beim Kaminfeuer. Außerdem kommen PAK in Stein- und Braunkohle vor.
  • PCB (Polychlorierte Biphenyle) wie auch
  • PCDD/PCDF (Dioxine und Furane) entstehen bei jeder nicht vollständigen Verbrennung in Gegenwart von Chlorverbindungen. Größte Quelle war noch in den 90er Jahren die Energiewirtschaft, deren Emission aber heutzutage vernachlässigbar ist, da Filteranlagen für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte sorgen.
  • PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen; mehr als 1.000 Verbindungen) sind künstlich hergestellte Substanzen, die seit den 70er Jahren in einer Vielzahl von Produkten v.a. zur Oberflächenbeschichtung (Dächer, Textilien, Verpackungen) sowie als Schaummittel für Feuerlöschschäume eingesetzt wurden. Weitergehende Informatioen erhalten Sie unter Gefahrstoff PFAS.
  • Arzneimittel können auch in Böden gelangen und im Boden unerwünschte Wirkungen wie z.B. die Bildung von Resistenzen entfalten. Zum Eintrag von Arzneimitteln und deren Verhalten und Verbleib in der Umwelt ist 2007 der LANUV-Fachbericht 2 erschienen.

Anorganische Schadstoffe

Unter Anorganischen Schadstoffen versteht man vor allem Schwermetalle wie Arsen, Cadmium, Blei, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber, Thallium, Zink. Sie sind natürliche Bestandteile der Erdkruste und werden durch Aktivitäten des Menschen in die Umwelt eingetragen. So werden Metalle insbesondere bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe sowie bei ihrer Herstellung (Verhüttung) und Verarbeitung in großen Mengen freigesetzt. Weitere wichtige Emissionsquellen sind Müllverbrennungsanlagen, die Zementindustrie, die Glasindustrie und der Kraftfahrzeugverkehr. Metalle sind in der Umwelt langlebig und werden ständig weiterverbreitet. Sie wirken in bestimmten Konzentrationen toxisch (= giftig) und können die Bodenfunktionen und die Qualität der darauf wachsenden Pflanzen beeinträchtigen. So können sie sich auch in Nahrungs- und Futterpflanzen anreichern und gelangen damit in die Nahrung des Menschen.

Von schadstoffbelasteten Böden können Wirkungen auf andere Umweltmedien und die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen ausgehen.

Die Bewertung einer gemessenen Schadstoffkonzentration im Boden hängt von der Nutzung der Böden und dem damit verbundenen Aufnahmepfad ab. Es werden folgende Aufnahmepfade unterschieden:

  • der Direktpfad (Boden zu Mensch), z.B. direkter Bodenkontakt von spielenden Kindern,
  • der Pflanzenpfad (Boden zu Nutzpflanze), z.B. bei der Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel oder von Tierfutter auf belasteten Böden,
  • der Grundwasserpfad (Boden zu Grundwasser), durch Auswaschung von Schadstoffen aus dem Boden.

Für alle drei Pfade und für eine Vielzahl von Schadstoffen formuliert die BBodSchV Beurteilungswerte (Vorsorgewerte, Prüfwerte, Maßnahmenwerte) bei deren Überschreitung die Gefahr der Entstehung einer schädlichen Bodenveränderung nicht mehr als ausgeräumt gelten kann.

  • Vorsorgewerte zeigen an, ab welchen Bodenkonzentrationen die Besorgnis besteht, dass bei fortgesetzten Stoffeinträgen zukünftig Bodenkonzentrationen erreicht werden könnten, die nicht mehr unbedenklich sind.
  • Werden Prüfwerte überschritten, ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer Gefahr für das jeweilige Schutzgut auszugehen. Es sind weitere Untersuchungen erforderlich, um die Gefahren eindeutig festzustellen (und Maßnahmen zu ergreifen) oder auszuräumen (Detailuntersuchung). Prüfwerte sollen einen ausreichenden Abstand zu Vorsorgewerten (bzw. Hintergrundwerten) und einen eindeutigen Gefahrenbezug aufweisen.
  • Die Überschreitung von Maßnahmenwerten „überspringt“ alle weiteren Prüfschritte und es sind unmittelbar Maßnahmen erforderlich. Prüf- und Maßnahmenwerte werden nach einheitlichen Ableitungsmethoden mit Bezug zur Toxikologie eines Stoffes festgelegt.

Ob überhaupt gegenüber dem „Normalzustand“ erhöhte Werte vorliegen, kann mit Hilfe der statistisch abgeleiteten Hintergrundwerte überprüft werden.

In der Detailuntersuchung werden neben der Abgrenzung der Belastung auch weitere Parameter berücksichtigt. So kann die Mobilität von Schadstoffen im Boden sehr unterschiedlich sein (z.B. sind Cadmium, Blei und Zink bei hohen pH-Werten fast immobil), was insbesondere für die Aufnahme durch Pflanzen relevant ist. Die Resorptionsverfügbarkeit eines Schadstoffes (Wie viel des Schadstoffes wird bei oraler Aufnahme im Verdauungstrakt überhaupt vom Körper aufgenommen?) ist bei der Betrachtung des Pfades Boden zu Mensch (Direktpfad) von Bedeutung. Eine umfassende Übersicht über die in der Detailuntersuchung abzuprüfenden Expositionsbedingungen gibt die entsprechende LABO-Arbeitshilfe.

Liegen in einem Boden Schadstoffkonzentrationen vor, die auch nach der Detailuntersuchung negative Wirkungen auf Bodenfunktionen erwarten lassen, liegt bodenschutzrechtlich eine "schädliche Bodenveränderung" vor.

Welches die dabei relevanten Wirkungen und Gefahren sind und welches wirksame Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sind, ist im Einzelfall hängt vor allem von der Bodennutzung ab.

  • Auf Spielflächen (Pfad Boden > Mensch) sind vorrangig Maßnahmen zur Verringerung des direkten Bodenkontaktes von Kleinkindern erforderlich, wie z.B. Begrünung oder Abdeckung vegetationsfreier Flächen.  Oft wird hier aber bei Prüfwertüberschreitungen unmittelbar ein Bodenaustausch vorgenommen.
  • Auf Industrieflächen (Pfad Boden > Mensch) kommen als Maßnahmen auch ein Betretungsverbot oder die Begrünung zur Verhinderung von Verwehungen in Betracht.
  • In Nutzgärten (Pfad Boden > Pflanze) sind vor allem Maßnahmen zur Verringerung des Schadstoffüberganges vom Boden in angebaute Nahrungspflanzen wichtig, wie z.B. Kalkung zur Verringerung der Pflanzenverfügbarkeit von Schwermetallen oder Mulchabdeckung zur Vermeidung von Verschmutzungen. Oft kann aber auch die Reduktion der Nutzfläche als einfach zu vollziehende Maßnahme ausreichen.
  • Auf Ackerflächen (Pfad Boden > Pflanze) kann eine Anpassung der Bewirtschaftung eine sinnvolle Maßnahme darstellen wie z.B. eine Kalkung zur Anhebung des pH-Wertes, der Verzicht auf stark anreichernde Pflanzenarten (Weizen bei Cadmium) oder eine verschmutzungsarme Futterwerbung. Hierzu wurden mit dem LUA-Merkblatt 55 Handlungsempfehlungen zu Maßnahmen der Gefahrenabwehr bei schädlichen stofflichen Bodenveränderungen in der Landwirtschaft  veröffentlicht.
  • Bei Gefährdung von Grundwasser (Pfad Bodenà Grundwasser) kommen auch Einschließungsverfahren (Oberflächenabdichtung, Abdeckung, Versiegelung, vertikale Abdichtung), Immobilisierungsverfahren oder Bodenwäsche als Sicherungsmaßnahmen zum Einsatz. In der Regel werden aber sogennannte pump-and-treat Verfahren nötig, die das belastete Wasser fördern und über Filter abreinigen.

Flächenhafte Belastungen erfordern großflächige Vorgaben, welche entweder durch Allgemeinverfügungen oder durch Bodenschutzgebietsverordnungen erlassen werden können.

Dr. Philipp Roth

Stellvertretende Fachbereichsleitung

Bodenschutz, Altlasten, Ökotoxikologie

Teilen Sie diese Seite auf