Besonders hohe Belastungen mit per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) (damals „PFC“ oder „PFT“) sind in NRW erstmalig im Jahr 2006 in Einzugsgebieten von Möhne und Ruhr festgestellt worden. Die Stoffe waren im Hochsauerland aufgrund krimineller Abfallverbringungen, als „Biodünger“ getarnt, über landwirtschaftliche Nutzflächen in die Schutzgüter Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer und nicht zuletzt auch in das Trinkwasser gelangt.
Landesweite PFAS-Untersuchungen wurden daraufhin in Oberflächengewässern, im Trinkwasser sowie in Abwassereinleitungen aus kommunalen Kläranlagen und industriellen Direkteinleitungen und im Grundwasser veranlasst.
Routinemäßige PFAS-Untersuchungen der Oberflächengewässer und des Grundwassers in NRW wurden nach Bekanntwerden der besonderen Belastungen im Frühjahr 2006 als erstes im Einflussbereich der mit Abfallgemischen der Firma GW Umwelt beaufschlagten Flächen gestartet.
Landesweit wurden die PFAS-Gewässeruntersuchungen ab Herbst 2006 nach einem Stufenplan auch auf weitere Gewässer in NRW ausgedehnt:
Die Wasserwerke im Ruhreinzugsgebiet, bei denen Trinkwasser aus Möhne oder Ruhr oder aus einem betroffenen Grundwassereinzugsgebiet gewonnen wird, wurden über einen langen Zeitraum regelmäßig untersucht. Soweit dies weiterhin erforderlich ist, werden diese Untersuchungen fortgeführt. Überall wird das Konzentrationsniveau auch weiterhin beobachtet.
Für das Trinkwasser gelten seit Inkrafttreten der neuen TrinkwV am 24.06.2023 verbindliche Trinkwassergrenzwerte zur Begrenzung der PFAS-Kontaminationen im Trinkwasser nach einer ausgewiesenen Übergangszeit. Für die Summe von 20 PFAS-Substanzen (Summe PFAS-20) gilt ab dem 12.01.2026 ein Trinkwassergrenzwert von 0,1 µg/L. Für die Summe aus den 4 PFAS-Substanzen (Summe PFAS-4) Perfluoroctansäure (PFOA), Perfluornonansäure (PFNA), Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) gilt ab dem 12.01.2028 der Trinkwassergrenzwert von 0,02 µg/L.
Seit Inbetriebnahme der Aktivkohlefilteranlage bei den Wasserwerken Möhnebogen und Eickeloh und weiterer Maßnahmen zur Regulierung der PFAS-Belastung der Ruhr sind in NRW seit August 2006 keine Überschreitungen der jeweils geltenden, gesundheitlich duldbaren Leitwerte oder gesundheitlichen Orientierungswerte im Trinkwasser (s. PFAS / Bewertungsmaßstäbe, Trinkwasser) festgestellt worden. Dies gilt nach heutiger Kenntnis und Datenlage auch für weitere – z.B. kürzer- und längerkettige - PFAS-Verbindungen, sowie für den PFOS-Ersatzstoff H4PFOS. Auch der langfristige Zielwert von 0,1 µg/l (Grenzwert für die Summer von 20 perfluorierte Alkylsubstanzen „Summe PFAS-20“ gemäß Trinkwasserverordnung) wird mittlerweile im Trinkwasser aus Ruhr und Möhne eingehalten bzw. deutlich unterschritten.
Es ist darauf hinzuweisen, dass der in Löschmitteln und in der Galvanik eingesetzte PFOS-Ersatzstoff H4PFOS (6:2 Fluortelomersulfonsäure) im Einzugsgebiet der Ruhr (Lenne, Baarbach) sowie in anderen Gebieten vermehrt in die Gewässer eingeleitet wird. Dieser Stoff ist jedoch –entgegen aktuellen Wissens – leider nicht Bestandteil des Untersuchungs- und Regulierungsumfangs gemäß TrinkwV 2023 (PFAS-20) geworden. Daher ist die bisherige Datenlage zu Vorkommen und Relevanz dieses Stoffes im Trinkwasser bisher gering und wird sich möglicherweise auch nicht nennenswert verbessern.
Im Abwasser treten PFAS wahrscheinlich schon seit etwa 60 Jahren auf. Sie stammen insbesondere aus Produktionsprozessen der Chemiebranche, von Galvanik- und Druckbetrieben, Papier- und Lederfabriken sowie Textilveredlern und aus bestimmten Deponien.
PFAS werden insbesondere eingesetzt im Bereich der Oberflächenveredelung, z.B. als Mittel zur Sprühnebelunterdrückung und Herabsetzung der Oberflächenspannung, zur wasser-, öl- und fettabweisenden Ausrüstung von Textilien (z. B. Outdoor und Arbeitskleidung, Sitzbezüge, Teppiche), zur Beschichtung von Papieren für Lebensmittelverpackungen oder im Bereich der Spezialchemie, z.B. zur Herstellung fluorhaltiger Kunststoffe.
Je nach Einsatzbereich können PFAS während des Herstellungsprozesses in das betriebliche Abwasser gelangen. Aber auch infolge der Nutzung relevanter Produkte durch Industrie und Gewerbe sowie in Privathaushalten kann PFAS-haltiges Abwasser anfallen. Grundsätzlich sind daher auch Einleitungen aus kommunalen Kläranlagen zu betrachten. Die Belastung ist dort jedoch im Vergleich zu Betriebsabwässern meist wesentlich geringer.
Außerdem können PFAS bei Brandereignissen auch zusammen mit dem Löschwasser in das Abwasser gelangen, wenn bei der Brandbekämpfung filmbildende PFAS-haltige Feuerlöschschäume eingesetzt wurden.
PFAS-Untersuchungen im Abwasser finden seitens des LANUV sowohl für Direkt- als auch für Indirekteinleitungen statt. Basis hierfür sind zum einen im jeweiligen Wasserrecht festgelegte Überwachungswerte oder anlassbezogene Messprogramme, welche durch die Bezirksregierungen beauftragt werden. Hintergründe für solche Messprogramme können z.B. hohe PFAS-Konzentrationen im Kläranlagen-Zulauf, eine Bestandsaufnahme vor der Erteilung eines neuen Wasserrechts oder auffällige Befunde im Gewässer sein. Darüber hinaus werden PFAS-Untersuchungen im Abwasser im Rahmen der Selbstüberwachung durchgeführt.
Seit den PFAS-Funden im Sauerland setzt sich Nordrhein-Westfalen dafür ein, für den Abwasserbereich Regelungen zu PFAS-Verbindungen rechtsverbindlich auf den Weg zu bringen. Für die Festsetzung rechtlich verbindlicher Grenzwerte für Abwassereinleitungen (Abwasserverordnung) liegt die Regelungskompetenz jedoch beim Bund. Da eine erforderliche Regelung auf Bundesebene nicht absehbar war und auch bis heute nicht erfolgt ist, aber eine fachliche Notwendigkeit zum Handeln gesehen wurde, wurden für Nordrhein-Westfalen sogenannte Orientierungswerte eingeführt.
Die Orientierungswerte für PFAS im Abwasser wurden in Nordrhein-Westfalen über die letzten 16 Jahre fortgeschrieben und weiterentwickelt. So wurde der ursprüngliche Ansatz von 2006 mit einem Orientierungswert in Höhe von 0,3 µg/L nur für die Summe aus den beiden Einzelsubstanzen PFOS und PFOA erweitert. Von 2007 bis 2012 wurden zunächst zusätzlich die Summe von zehn Einzelsubstanzen (inkl. PFOS und PFOA) mit einem Orientierungswert in Höhe von 1,0 µg/l herangezogen. Seit 2012 wurden in NRW dann die folgende Orientierungswerte für die Summe von 14 PFAS in Abwasser vor Einleitungen in Gewässer angewandt und mit dem Erlass „Gewässerbelastung durch die Einleitung von perfluorierten Verbindungen (insbesondere PFOA und PFOS) - Neubewertung der PFT- Substanzen“ des Umweltministeriums vom 16.06.2014 behördlich eingeführt:
An dem Orientierungswert für die Summe der PFAS mit 1,0 µg/l wurde seit 2007 festgehalten. Die Hinzunahme weiterer PFAS-Einzelstoffe stellte immer eine Verschärfung dar. Eine Übersicht über die regelmäßig in Abwassereinleitungen gemessenen PFAS-Einzelsubstanzen gibt Tabelle 1 (Stand 03/2022) wieder. Diese Werte sind keine gesetzlich verbindlichen Konzentrations- bzw. Frachtgrenzwerte, sondern dienen in Nordrhein-Westfalen als behördliches Kriterium. Reduzierungsmaßnahmen können folglich bislang prinzipiell nur im Dialog mit den Betreibern auf den Weg gebracht werden. Daher sind auch höhere Einträge möglich, wenn auch fachlich ausdrücklich nicht erwünscht.
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