Bei einigen nicht oder kaum noch bejagten Wildarten (z.B. Rebhuhn, zeitweilig auch Dachs) oder Arten, deren Jagdstrecke nichts über den Bestand im selben Gebiet aussagt (z.B. Waldschnepfe) sind direkte, quantitative oder qualitative Erfassungen durch die Jägerschaft unter bestimmten Umständen möglich und sinnvoll.
Die vorgenannten Arten wurden in die 1986 in zweiter Fassung herausgegebene Rote Liste der in Nordrhein-Westfalen gefährdeten Pflanzen und Tiere in die Kategorie 3 „gefährdet“ eingestuft. Konfliktpotential ergab die Forderung nach einer ganzjährigen Schonzeit für jagdbare Rote-Liste-Arten. Die vertragliche Vereinbarung „Naturschutz und Jagd“ zwischen dem Umweltministerium NRW (MURL; heute MUNLV), den NRW-Landesverbänden von LNU, NABU, BUND sowie dem Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen von 1989 sowie die bilateralen Fortsetzungsverträge zwischen MURL und LJV von 1993 und 1996 regeln die jagdliche Behandlung dieser Arten auf der Grundlage von Bestandserhebungen durch die Jägerschaft. Hierbei ist die FJW zuständig für die Erfassungsmethodik, die Organisation der Erhebungen, die Aufarbeitung des Datenmaterials und die fachliche Bewertung der Ergebnisse.
1993 wurde eine Erhebung zum Vorkommen des Dachses in 33 Kreisen und kreisfreien Städten durchgeführt. Als Weiser für die Verbreitung und relatives Maß für die gebietsspezifische Häufigkeit diente die Erfassung der vom Dachs befahrenen Baue. Diese Erhebung bestätigte eine weitgehende Bestandserholung, die sich bereits zuvor abzeichnete und bis in die Gegenwart anhält. Der langjährigen Streckenstatistik ist zu entnehmen, dass derzeit die Verkehrsverluste der bedeutendste nicht-jagdliche Mortalitätsfaktor beim Dachs sind.
Nach erheblichem Bestandsrückgang des Rebhuhns in den 1970er Jahren und seit dem freiwilligen Bejagungsverzicht ab Ende der 1970er Jahre fällt die Jagdstrecke als Informationsquelle über die Bestandssituation dieses einstigen Kulturfolgers weitgehend aus. Verbreitung, regionale Dichten und Bestandsentwicklung des Rebhuhns in Nordrhein-Westfalen werden deshalb jährlich in ausgewählten Gebieten erfasst. Das Verfahren ist für die Jägerschaft wenig arbeitsaufwändig und weitgehend störungsfrei: Es ist abgestellt auf Sichtbeobachtungen und/oder Verhören der Rebhühner in der Zeit der Balz und Paarbildung Ende März – Anfang April bei noch spärlicher Deckung, z.B. durch Abfahren der Feldwege in der Abenddämmerung und Kontrolle der angrenzenden Flächen aus dem Auto heraus mit dem Fernglas.
In dem erfassten Kerngebiet des Rebhuhnvorkommens in Nordrhein-Westfalen - Teilräume der agrarisch geprägten Tieflandbereiche unter 200 m ü. NN – liegt die Dichte des Rebhuhnfrühjahrsbesatzes in den letzten Jahren bei nur noch ca. 2 Paaren pro 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche.
Auf Grund ihrer Lebensweise zählt die Waldschnepfe zu den besonders schwierig zu erfassenden Arten. Es ist kein Verfahren zur Quantifizierung des Brutbestandes (Anzahl brütende Weibchen) bekannt. Auch die Jagdstrecke ist als Hilfsinstrument zur Einschätzung des Bestandstrends der Population ungeeignet, da die Anteile heimischer bzw. durchziehender Schnepfen fremder Populationen an den überwiegend im November/Dezember erlegten Schnepfen unbekannt sind.
Die FJW entwickelte ein nicht-quantitatives Verfahren zur Dokumentation der brutzeitlichen Verbreitung der Waldschnepfe in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage (zufälliger) Beobachtungen der Jägerschaft bei Revieraufenthalten im Mai-Juni: Mit Beginn der Jagdzeit auf Rehwild ist landesweit ein nahezu lückenloses, dichtes Beobachternetz vorhanden; die Ansitze in der Abend- und Morgendämmerung fallen mit den höchsten Aktivitätsphasen (Balzflug) der Waldschnepfe zusammen, und zu dieser Jahreszeit ist der Schnepfenzug abgeschlossen, so dass für Gebiete mit Schnepfennachweisen Brutverdacht besteht.
Das Verfahren entspricht im Prinzip einer ornithologischen Rasterkartierung. Bei der Waldschnepfe wurde es erstmalig 1994 in Nordrhein-Westfalen angewandt. Die Nachweisfrequenzen – Anteil Reviere mit Nachweis in % von erfassten Revieren – geben Hinweise auf Vorkommensschwerpunkte und Verbreitungslücken.
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