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PFAS im Wasser

Besonders hohe Belastungen mit per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) (damals „PFC“ oder „PFT“) sind in NRW erstmalig im Jahr 2006 in Einzugsgebieten von Möhne und Ruhr festgestellt worden. Die Stoffe waren im Hochsauerland aufgrund krimineller Abfallverbringungen, als „Biodünger“ getarnt, über landwirtschaftliche Nutzflächen in die Schutzgüter Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer und nicht zuletzt auch in das Trinkwasser gelangt.

Landesweite PFAS-Untersuchungen wurden daraufhin in Oberflächengewässern, im Trinkwasser sowie in Abwassereinleitungen aus kommunalen Kläranlagen und industriellen Direkteinleitungen veranlasst.

Oberflächengewässer und Grundwasser

Routinemäßige PFAS-Untersuchungen der Oberflächengewässer und des Grundwassers in NRW wurden nach Bekanntwerden der besonderen Belastungen im Frühjahr 2006 als erstes im Einflussbereich der mit Abfallgemischen der Firma GW Umwelt beaufschlagten Flächen gestartet.

  • Am stärksten davon betroffen waren die Ruhr, insbesondere das obere Ruhr- und Möhneeinzugsgebiet, sowie Zuflüsse zur Lippe. In diesen Bereichen wurde seither ein intensives Gewässermonitoring an strategisch ausgewählten Messstellen durchgeführt. In den betroffenen Gewässern bzw. Gewässerabschnitten wurde als Hauptkomponente vor allem PFOA festgestellt.

Landesweit wurden die PFAS-Gewässeruntersuchungen ab Herbst 2006 nach einem Stufenplan auch auf weitere Gewässer in NRW ausgedehnt:

  • In der Folge wurden mindestens einmalig im Herbst 2006 landesweite Messstellen untersucht, die sich im Abstrom einer Kläranlage und im Zustrom auf ein Wasserwerk befinden. Inzwischen sind die Gewässer, die eine besondere Bedeutung für die Trinkwasserversorgung besitzen, mit mindestens einmaliger Stichprobe an geeigneter Messstelle untersucht worden.
  • Die gemäß Leitfaden Oberflächengewässer NRW zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie regelmäßig zu untersuchenden Überblicksmessstellen wurden ebenfalls auf PFAS untersucht.
  • Ausgewählte Grundwassermessstellen des Landes wurden abhängig von ihrer Lage (potenzielle PFAS-Eintragsquelle, Lage in einem Trinkwassereinzugsgebiet) sukzessive auf PFAS untersucht.
  • Landesweit liegen in Nordrhein-Westfalen Untersuchungen zu mehr als 400 Messstellen an über 100 unterschiedlichen Fließgewässern vor.
    Auf diese Weise wurden im Gewässernetz NRW weitere Eintragsquellen für PFAS identifiziert, denen jeweils weiter nachgegangen wurde. Reduzierungsmaßnahmen wurden insbesondere im Bereich der Abwassereinleitungen (industrielle und gewerbliche Indirekteinleiter) in großem Umfang umgesetzt.

Trinkwasser

Die Wasserwerke im Ruhreinzugsgebiet, bei denen Trinkwasser aus Möhne oder Ruhr gewonnen wird, wurden über einen langen Zeitraum regelmäßig untersucht. Soweit dies weiterhin erforderlich ist, werden diese Untersuchungen fortgeführt. Überall wird das Konzentrationsniveau auch weiterhin beobachtet.

Für das Trinkwasser gelten seit Inkrafttreten der neuen TrinkwV am 24.06.2023 verbindliche Trinkwassergrenzwerte zur Begrenzung der PFAS-Kontaminationen im Trinkwasser nach einer ausgewiesenen Übergangszeit. Für die Summe von 20 PFAS-Substanzen (Summe PFAS-20) gilt ab dem 12.01.2026 ein Trinkwassergrenzwert von 0,1 µg/L. Für die Summe aus den 4 PFAS-Substanzen (Summe PFAS-4) Perfluoroctansäure (PFOA), Perfluornonansäure (PFNA), Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) gilt ab dem 12.01.2028 der Trinkwassergrenzwert von 0,02 µg/L.

Seit Inbetriebnahme der Aktivkohlefilteranlage beim Wasserwerk Möhnebogen und weiterer Maßnahmen zur Regulierung der PFAS-Belastung der Ruhr sind in NRW seit August 2006 keine Überschreitungen der jeweils geltenden, gesundheitlich duldbaren Leitwerte oder gesundheitlichen Orientierungswerte im Trinkwasser (s. PFAS / Bewertungsmaßstäbe, Trinkwasser) festgestellt worden. Dies gilt nach heutiger Kenntnis und Datenlage auch für weitere – z.B. kürzer- und längerkettige - PFAS-Verbindungen, sowie für den PFOS-Ersatzstoff H4PFOS. Auch der langfristige Zielwert von 0,1 µg/l (Grenzwert für die Summer von 20 perfluorierte Alkylsubstanzen „Summe PFAS-20“ gemäß Trinkwasserverordnung) wird mittlerweile im Trinkwasser aus Ruhr und Möhne eingehalten bzw. deutlich unterschritten.

 

Abwasser

Ende 2006 hat das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW veranlasst, dass landesweit alle Abwassereinleitungen von kommunalen Kläranlagen mit mehr als 2000 Einwohnern auf PFOA und PFOS zu untersuchen sind.

Bei Überschreitung des nicht unmittelbar rechtlich bindenden Orientierungswertes von 0,3 µg/l (Summe PFOA+PFOS), bzw. 1,0 µg/l (Summe von 14 gemessenen PFAS) erfolgt eine Ursachenermittlung und sollen Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Hierzu wurden und werden Gespräche mit den Betreibern geführt, um mögliche Reduzierungsmöglichkeiten zu identifizieren. Dies betrifft sowohl die Betreiber der kommunalen Kläranlagen als auch die Betreiber industrieller Kläranlagen. Durch diese behördliche Vorgabe soll insbesondere das Vordringen von PFAS ins Rohwasser der Trinkwassergewinnungen weitgehend unterbunden werden. . Entsprechendes gilt, wenn bei signifikant erhöhter Konzentration (oberhalb der jeweiligen Referenzwerte) die ermittelte PFAS-Fracht für die Summe PFOA+PFOS den Wert 10 g/Tag bzw. für die Summe aller gemessenen PFAS den Wert 35 g/Tag übersteigt.

Basierend auf die o.g. Vorgehensweise konnten bei einer Vielzahl von industriell-gewerblichen Direkt- und Indirekteinleitern durch gezielte Maßnahmen wie Substitution der Problemstoffe, Einbau von speziellen Reinigungstechniken, durch organisatorische Maßnahmen und Prozessoptimierungen beim Emittenten die PFAS-Einträge in die Gewässer beendet oder deutlich reduziert werden. So wurden in den vergangenen Jahren an bekannt gewordenen Emissionsquellen, wie beispielsweise in Galvaniken, technische Lösungen zur Abwasserbehandlung durch den Einbau von Aktivkohlebehandlungsstufen und Inonenaustauscheranlagen umgesetzt

Im aktuellen Berichtsjahr wurden Abwassereinleitungen von 33 kommunalen Kläranlagen, 36 industriellen Indirekteinleitern und 23 industriellen Direkteinleitern auf PFOA und PFOS sowie auf weitere PFAS untersucht. Insgesamt wurden ca. 300 Messungen durchgeführt. Intensive Spezialmessungen wurden zur Ursachenermittlung und Erfolgskontrolle bei den einleitenden Betrieben und im Kanalnetz durchgeführt. Mittlerweile konnten die PFAS-Emissionen insgesamt erfolgreich und in den Gewässern und Trinkwasserressourcen signifikant gesenkt werden. Die Maßnahmen zur Minderung oder Vermeidung der PFAS-Emissionen und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen sind branchenspezifisch unterschiedlich und stellen unterschiedliche Ansprüche an die Umsetzung. In der Regel basieren die Maßnahmen auf freiwilligen Vereinbarungen.

Um die genannten Anforderungswerte zu erreichen, waren z.T. lange Erprobungsphasen und umfängliche Reinigungsmaßnahmen erforderlich, bis die Maßnahmen dauerhaft wirksam wurden.

Relevante PFFAS-einleitende Branchen sind in NRW insbesondere im Bereich der Galvanik, speziell der Kunststoffgalvanik sowie Oberflächenveredelung und Metallverarbeitung zu finden. Hierbei wurde als Hauptkomponenten PFOS und PFBS festgestellt.

Vorübergehend sehr hohe PFOS-Emissionen aus Kläranlagen konnten außerdem nach Einsatz PFAS-haltiger Löschmittel festgestellt werden. Im Laufe der letzten Jahre wurden jedoch zunehmend polyfluorierte Tenside, sog. Polyfluoralkylbetaine als wesentliche Fluortensidkomponenten zusammen mit H4PFOS (6:2 Fluortelomersulfonsäure) u.a. in Löschwässern festgestellt. Mitte November 2016 wurden so anlässlich eines Großbrandes in der chemischen Industrie, in deren Abwassereinleitungen in den Rhein, polyfluorierte Tenside gefunden.

Da PFAS auch in der Spezialchemie (z. B. Photochemie) und in hydraulischen Flüssigkeiten eingesetzt werden, kommen PFAS-haltige Abwässer aus diversen weiteren Branchen sowie Deponien hinzu. Weiterhin können PFAS als Verunreinigungen aus Fluorcarbonharzbeschichtungen von Papieren, Verpackungen, Bekleidungen, Kabelummantelungen festgestellt werden. Die Zusammensetzung ist dabei unterschiedlich: In Abwässern aus der Textilbranche und von Großwäschereien beispielsweise war überwiegend PFOA festzustellen, teilweise sind aber auch PFOS, sowie kürzer- und längerkettige Perfluocarbonsäuren nachweisbar. Während in den vorgenannten Branchen die PFAS-Emissionen seit 2006 sehr deutlich gesenkt werden konnten, sind im Sickerwasser und Abwasser einzelner Deponien noch immer vor allem kürzerkettige PFAS festzustellen.

Als Ersatzstoffe für PFOS gewinnen vor allem H4PFOS, sowie die Perfluorbutansulfonsäure (PFBS) hinsichtlich aktuell messbarer Abwasser- und Gewässerbelastungen an Bedeutung. Diese Stoffe sind ebenfalls nicht abbaubar und lassen sich mit sorptiven Verfahren nur mit sehr hohem Aufwand aus dem Rohwasser entfernen.

Jahre nach Beginn der Untersuchungen und nach ständiger Erweiterung des Spektrums der Überwachungskriterien -  einschließlich der in die Bewertung aufgenommenen Ersatzstoffe (wie z.B. H4PFOS) - hat sich die Anzahl kommunaler Kläranlagen, Industriekläranlagen und Deponien mit Überschreitungen deutlich reduziert. Laufende Überwachungen sind noch bei vereinzelten Anlagen zu verzeichnen (Stand: 2023).