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Grundlagen der Wahrnehmung, Wirkung und Beurteilung von Geräuschen

Geräusche sind in unserer technisierten und mobilen Gesellschaft allgegenwärtig und leider nicht grundsätzlich vermeidbar. Geräusche, die zu Störungen, Belästigungen oder Schäden führen können, werden mit dem negativen Begriff Lärm bezeichnet.

  • Geräusche als Umweltproblem

    Aufgabe der Lärmbekämpfung ist es, das Ruhebedürfnis und Recht der Bevölkerung auf körperliche Unversehrtheit durch einen technisch und finanziell machbaren Schallschutz sicherzustellen. Daß dieser Ausgleich bislang noch nicht hergestellt wurde, kann an der Belästigung der Bevölkerung durch Lärm abgelesen werden. So fühlt sich mehr als zwei Drittel der Bevölkerung durch Straßenverkehrslärm belästigt. An zweiter Stelle steht die Störung durch Fluglärm, gefolgt von Schienenverkehrslärm, von Lärm aus Industrie und Gewerbe, von lauten Nachbarn und von lauten Sportarten.

    Belästigung der Bevölkerung durch Lärm in Prozent
    (Quelle Umweltbundesamt)

    Der Schutz der Menschen vor Geräuschen wird in der Bundesrepublik durch eine Vielzahl von Verordnungen und Einzelfallregelungen sichergestellt. Hier kann nur eine einführende Übersicht gegeben werden, daher ist es im Einzelfall angeraten, das zutreffende Regelwerk genau zu studieren.

    Neben den hier vorgestellten grundsätzlichen Vorgehensweisen können im Einzelfall jedoch auch Abweichungen bestehen.

  • Lärmwirkung

    Die belästigende Wirkung von Lärm wird nur zu einem Drittel direkt durch die Lautstärke des Geräusches bestimmt, ein weiteres Drittel bestimmen soziologische Faktoren, während die auslösenden Faktoren für das letzte Drittel unbekannt sind.

    Vergleichsskala zur Wahrnehmung und Wirkung verschiedener Schallpegel
    Schallpegel (dB)GeräuschquelleGeräuschempfindung
    20 bis 30Uhrenticken, Blätterrauschengerade hörbares Geräusch
    40 bis 50Unterhaltungssprache, ruhige Wohnstraßeschwaches Geräusch
    60 bis 70laute Unterhaltung, Bürogeräusche, Pkw in 10m Abstandmäßiges Geräusch
    80 bis 90Straßenverkehrsgeräusch, lauter Fabriksaalstarkes Geräusch
    100 bis 110Autohupe in 7m Abstand, Kesselschmiedesehr starkes Geräusch
    120 bis 130Presslufthammer in 1m Abstand, Düsentriebwerkohrenbetäubendes Geräusch
    140 bis 150Nahbereich einer Explosion, Nahbereich eines StrahltriebwerksSchmerz

    Eine hohe andauernde Lärmbelastung führt im Extremfall zu Gehörschäden, aber auch Alltagslärm ohne extreme Lautstärke kann zu gesundheitlichen und psychischen Beeinträchtigungen führen, wie z.B.:

    • Schlafstörungen,
    • Behinderung der Kommunikation,
    • Minderung der Konzentration sowie der Lern- und Leistungsfähigkeit,
    • Beeinträchtigung von Erholung und Entspannung.

    Längerfristige Lärmbelastungen führen zu Veränderungen im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems. Abschätzungen des Umweltbundesamtes zu der lärmbedingten Risikoerhöhung von Herz-Kreislauferkrankungen kommen zu dem Ergebnis, daß ca. 2% aller Herzinfakte dem Verkehrslärm zuzuschreiben sind. Dies bedeutet, daß in der Bundesrepublik jährlich etwa 1800 Menschen wegen lärmbedingter Stresserhöhung sterben.

  • Beurteilung von Geräuschen

    Die Beeinträchtigung durch Lärm steigt mit der Lautstärke des unerwünschten Geräuschs an. Als wichtigster Bewertungsmaßstab für die Beurteilung von Geräuschen wird daher der durch ein Mikrofon gemessene Schalldruck angegeben. Durch Umrechnung des Schalldrucks in die logarithmische Dezibelskala wird daraus der Schalldruckpegel gebildet, der in Dezibel (dB) angegeben wird. Meist wird das Geräusch anhand der A-Kurve bewertet, diese liefert eine dem menschlichen Hörvermögen angepaßte Bewertung bei unterschiedlichen Tonhöhen. Der Schalldruckpegel wird dann in dB(A) angegeben. Erst diese Größe bietet eine angenäherte Übereinstimmung mit der menschlichen Wahrnehmung von Geräuschen. Eine Änderung des Schalldruckpegels um 3 dB(A) ist gerade wahrnehmbar, während eine Änderung um 10 dB(A) einer Verdopplung bzw. Halbierung der empfundenen Lautstärke entspricht.

    Da Geräusche in der Praxis häufig in der Lautstärke schwanken, wird zur Beurteilung der Mittelungspegel als zeitlicher Mittelwert des Pegels herangezogen. Bei tonhaltigen oder impulshaltigen Geräuschen wird die zusätzliche Lästigkeit durch "Strafzuschläge" berücksichtigt, auch die besondere Lästigkeit von Informationen z.B. beim Mithören von Lautsprecherdurchsagen kann nur über spezielle Zuschläge erfaßt werden. Die Summe aus Mittelungspegel und Zuschlägen ergibt den Beurteilungspegel, der mit den jeweiligen Grenz- bzw. Richtwerten verglichen wird.

  • Spezielle Messverfahren

    Mit der alleinigen Messung des Schalldruckpegels in dB(A) kann man nicht allen Geräuschen gerecht werden. Viele Geräusche bewirken aufgrund ihrer besonderen Charakteristik eine zusätzliche Lästigkeit, die im Schalldruckpegel alleine keine Berücksichtigung findet. So kann bereits im Schallpegelmesser durch Bildung des Taktmaximalpegels die besondere Störwirkung von Impulsen berücksichtigt werden. Für andere Lästigkeiten existieren eine Reihe besonderer Meßverfahren, die z.T. spezielle Meßgeräte erfordern, so beispielsweise für Geräusche mit stark tieffrequenten Anteilen (DIN 45 680), mit deutlich hervortretenden Einzeltönen (DIN 45 681) oder für Schießgeräusche mit ihren besonders kurzen Impulsen (VDI 3745).

  • Quellenbezogene Regelwerke

    Untersuchungen haben gezeigt, daß die Geräusche verschiedener Schallquellenarten (wie z.B. Gewerbe, Verkehr, Sport) bei gleichem Mittelungspegel nicht immer auch gleich belästigend wirken. Hinzu kommt eine aus unserem allgemeinen Erfahrungsschatz gespeiste Erwartungshaltung, die uns an einer belebten und vielfältig genutzten Einkaufsstraße höhere Schalldruckpegel erwarten und tolerieren läßt als z.B. in einem reinen Wohngebiet.

    Dies hat dazu geführt, daß die zulässigen Immissionsrichtwerte für Geräusche, die auf einen zu schützenden Ort einwirken dürfen, zunächst von der Art der verursachenden Quelle abhängig sind und dann noch zusätzlich nach der Gebietsnutzung des belasteten Gebietes gestaffelt werden.

    So haben die Geräusche von gewerblichen und industriellen Quellen in reinen Wohngebieten zur Tageszeit einen Immissionsrichtwert von 50 dB(A) einzuhalten, während einem dort neu zu bauenden Verkehrsweg ein Immissionsgrenzwert von 59 dB(A) zugestanden wird.

  • Messung von Geräuschen

    Die Messung von Geräuschen erfolgt mit Schallpegelmessern. Diese Geräte bilden direkt den Mittelungspegel eines Geräusches und zeigen diesen in dB(A) an. Da sie den eichrechtlichen Vorschriften unterliegen, werden die Meßwerte mit hoher Genauigkeit gebildet.

    Die Messung von Geräuschen kann dabei sowohl am Immissionsort, auf den ein Geräusch einwirkt, als auch am Emissionsort erfolgen, wo das Geräusch entsteht. Die Messung am Immissionsort dient dabei zumeist der Überwachung auf Einhaltung der Immissionsrichtwerte, während Messungen der Emission zur Kontrolle einzelner Aggregate und zur Planung von Lärmschutzmaßnahmen benötigt werden. Am Emissionsort werden zumeist keine Schalldruckpegel, sondern die Quellstärke kennzeichnende Schalleistungspegel bestimmt, die später eine einfachere Umrechnung auf Immissionspegel an verschiedenen Orten zulassen.

    Schalleistungspegel können auch unmittelbar für den Vergleich der Geräuschabstrahlung von Maschinen genutzt werden. Aufgrund von EU-Vorschriften müssen bei vielen Geräten und Maschinen zunehmend die abgestrahlten Schalleistungspegel angegeben werden, dies kann bei der Kaufentscheidung zur Auswahl leiser Geräte genutzt werden. Ein großer LKW strahlt typischerweise eine Schalleistung von 105 dB(A) ab, während für kleine Rasenmäher ein maximaler Schalleistungspegel von 96 dB(A) zulässig ist. Es ist immer von Vorteil, wenn ein leises Gerät erworben werden kann und damit die Lärmbekämpfung bereits an der Quelle erfolgt. Das leise Gerät bewirkt sowohl eine Entlastung bei der Benutzung (Arbeitsschutz) als auch der Nachbarschaft (Immissionsschutz), wogegen Maßnahmen auf dem Ausbreitungsweg wie z.B. die Abschirmung oder Kapselung der Quelle zumeist nur der Nachbarschaft zugute kommen.

    Obigen Rasenmäher wird man also nur annähernd halb so laut wie den LKW empfinden. Aber es gibt auch noch leisere und umweltfreundlichere Rasenmäher. Wird ein Gerät mit nur 86 dB(A) Schalleistung erworben, kann die empfundene Lautstärke nochmals halbiert werden. Und davon profitiert nicht nur, wer den Rasenmäher bedient, sondern auch die Nachbarschaft wird den Rasenmäher mit der um 10 dB(A) geringeren Schalleistung als nur halb so laut wahrnehmen.

  • Berechnung von Geräuschen

    Oftmals können Geräusche nicht am eigentlich interessierenden Immissionsort gemessen werden. Will man Meßergebnisse von einem Ort auf einen anderen übertragen, so gestattet eine Reihe von Richtlinien (VDI 2571, VDI 2714, VDI 2720, DIN ISO 9613-2 E) die Berechnung der an anderen Orten auftretenden Geräusche unter Berücksichtigung von z.B. meteorologischen Effekten auf dem Ausbreitungsweg, von Abschirmungen durch Hindernisse oder der Abstrahlung von Halleninnengeräuschen ins Freie.

  • Prognose von Geräuschen

    Bei der Neuplanung oder dem Umbau von Anlagen kann zunächst nur eine Geräuschimmissionsprognose der später zu erwartenden Geräusche vorgenommen werden. Hierbei werden Kenntnisse über die Schallabstrahlung vergleichbarer Anlagen und die zuvor genannten Berechnungsmodelle für die Schallausbreitung genutzt. Dadurch können spätere Konflikte frühzeitig erkannt und Lärmminderungsmaßnahmen erarbeitet werden.

  • Beurteilung von Gesamtlärm

    Die Bürgerinnen und Bürger sind einer Vielzahl von Lärmquellen ausgesetzt, wobei unterschiedliche Lärmquellen häufig gleichzeitig einwirken. Umfragen des Umweltbundesamtes zeigen, dass sich fast jeder zweite Deutsche von zwei oder mehr Quellenarten belästigt fühlt.

    Der Schutz vor Gesamtlärm ist jedoch bisher nicht zufriedenstellend geregelt. Um die fachliche Diskussion zum Thema Gesamtlärm in Deutschland weiter voranzubringen, hat das Umweltministerium NRW eine Studie
    beauftragt, die verschiedene Ansätze zur Gesamtlärmbeurteilung aufzeigt und gegenüberstellt.

  • Zuständigkeiten

    Die Aufgaben im Bereich Lärmschutz sind zwischen dem Bund, den Ländern und den Kommunen aufgeteilt.

    Der Bund und auch die Länder legen in Rechtsvorschriften über Kriterien und Grenzwerte die Ziele des Lärmschutzes fest.

    Länder und Kommunen vollziehen diese Vorschriften dann im konkreten Fall.