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Lebensräume für Tiere und Pflanzen in NRW weiterhin nicht in gutem Erhaltungszustand

Bilanz zum internationalen Tag der Artenvielfalt: Der Schutz der biologischen Vielfalt in NRW muss verstärkt werden – insbesondere in der Agrarlandschaft

Foto: Selten gewordene Wiesenknopf-Silgenwiese in einem Rheinauen-Schutzgebiet bei Düsseldorf

Viele Lebensräume für wild lebende Tier- und Pflanzenarten in NRW sind weiterhin nicht in einem guten ökologischen Zustand. Darauf weist im Vorfeld des Internationalen Tags der Artenvielfalt in der nächsten Woche das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) hin. Die Situation im Flachland ist dabei kritischer als im Bergland. Nach Untersuchungen des LANUV sind rund 77 Prozent der Lebensräume im Flachland in einem unzureichenden oder schlechten Erhaltungszustand. Das betrifft allen voran nährstoffarme Gewässer, Moore, Wiesen, Weiden und Hartholz-Auenwälder. Im Bergland sind es „nur“ 32 Prozent. Den Buchenmischwald-Lebensräumen geht es hingegen vergleichsweise gut.

„Unsere Sorgenkinder sind die Wiesen und Weiden im Flachland. Ihre Fläche schrumpfte in den letzten Jahren zunehmend. So verschwanden im Regierungsbezirk Münster allein von 1999 bis 2013 rund 24.000 Hektar (ha) Flachland-Grünland, das entspricht knapp einem Drittel.“, sagte der Präsident des LANUV, Dr. Thomas Delschen.
Besonders besorgniserregend ist die negative Entwicklung bei den kräuterreichen und daher besonders artenreichen, bunt blühenden Wiesen, die nur zweimal pro Jahr gemäht werden. „Buntblühende Wiesen mit klassischen Wiesenblumen wie Margerite, mit Schmetterlingen, singenden Feldgrillen und Feldlerchen, die viele Menschen hier in NRW in ihrer Kindheit noch als alltäglich erlebt haben, sind heute kaum noch vorhanden. Unsere heutigen Kinder kennen den Sommergesang der Grillen und Lerchen bestenfalls noch aus dem Urlaub am Mittelmeer“, so Delschen.

Artenreiche Wiesen werden in NRW rar

Wiesen und Weiden gehen nicht nur in der Fläche zurück. Auch ihre Qualität sinkt, denn in den heute noch verbliebenen Wiesen und Weiden nimmt die Artenzahl seit Jahren ab. Wiesentypen wie „Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiesen“ oder „Berg-Mähwiesen“ weisen inzwischen in ganz NRW einen schlechten Erhaltungszustand auf. Seit Jahrzehnten nimmt die Zahl der dort lebenden Arten kontinuierlich ab. Seit den 60er Jahren sank die Zahl der vorkommenden Arten auf Glatthaferwiesen im Mittel von 33 auf unter 20 ab. Für die Goldhaferwiesen von Sauerland und Eifel ist die Situation kaum besser: hier verringerte sich die mittlere Artenzahl von 44 auf weniger als 30. Nach Auswertungen des LANUV werden heute etwa 87 % des Grünlandes in NRW intensiv genutzt, etwa 8 % lassen sich noch dem Magergrünland zuordnen, 5 % dem Feucht- und Nassgrünland. Und hier liegt einer der Gründe für die Abnahme der Artenzahl: die intensivere Nutzung! Sobald blütenreiche Wiesen und Weiden im Flachland umgebrochen, gedüngt und anschließend wieder neu eingesät werden, bricht die Artenzahl anschließend ein, denn es setzten sich nur noch wenige, schnell wachsende Gräser durch, die den verabreichten Dünger optimal nutzen können. Aus diesen Gründen befinden sich artenreiche Wiesen und Weiden in NRW zunehmend nur noch in den Schutzgebieten.

Artenverlust in NRW schreitet weiter voran

Der zahlenmäßige Rückgang in der Fläche von Wiesen- und Weiden („Grünland“) bestätigt einmal mehr die angespannte Lage, in der sich die biologische Vielfalt in NRW befindet. Nach der aktuellen „Roten Liste der gefährdeten Arten“ sind in NRW etwa 45 Prozent der beobachteten Tier- und Pflanzenarten gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben.
Mittlerweile geraten auch immer mehr „Allerwelts“-Tierarten an den Rand ihrer Existenz. So droht etwa der Kiebitz bis 2030 auszusterben, wenn sich die bisherige negative Entwicklung bei dieser Art fortsetzt. Auch wertvolle und einzigartige Lebensräume sind gefährdet. In einem schlechten Zustand befinden sich vor allem Arten, die auf vergleichsweise extensiv und daher naturschonend genutzte Grünlandflächen angewiesen sind. Mit dem Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling, dem Blauschillernden Feuerfalter und dem Skabiosen-Scheckenfalter sind Tagfalter besonders betroffen.

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Foto: Selten gewordene Wiesenknopf-Silgenwiese in einem Rheinauen-Schutzgebiet bei Düsseldorf
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