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Biomonitoring für die Zukunft

Wissenschaftlicher Austausch über die Beobachtung der Folgen von Umweltverschmutzung und Klimawandel

©LANUV

Am 12. Oktober 2023 trafen sich beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Essen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland mit Fachleuten aus Behörden und Instituten zu einem Austausch über die Erfassung und Bewertung von Umweltwirkungen auf Mensch und Natur. Organisiert wurde die Veranstaltung zum so genannten Biomonitoring gemeinsam mit dem Normenausschuss der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft.

In ihrer Begrüßung erklärte die Vizepräsidentin des LANUV, Dr. Barbara Köllner: „Faktoren für eine langfristig hohe Lebensqualität sind eine saubere Umwelt, möglichst stabile Klimaverhältnisse und eine vielfältige Flora und Fauna. Um unsere Lebensgrundlagen schützen zu können, müssen wir wissen, wie sich beispielsweise Schadstoffbelastungen der Luft und der Gewässer oder die Folgen des Klimawandels auf sie auswirken.“ Nur so sei es möglich, zielgerichtete Handlungsempfehlungen abzuleiten. So viele Fachleute aus unterschiedlichen Wirkungsbereichen an einem Tisch zu haben, wertete Barbara Köllner als einen wichtigen Schritt, die Zukunftsaufgaben gemeinsam angehen zu können.

Biomonitoring für die Zukunft – Wirkungen integrativ erfassen, bewerten und Handlungsempfehlungen ableiten Der fachliche Austausch stellte vier Themen in den Fokus. Beim Monitoring der Klimafolgen werden schon jetzt erhebliche Wirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt nachgewiesen. Das zeigen unter anderem die Indikatoren, die im Klimaatlas NRW dargestellt sind (https://www.klimaatlas.nrw.de/klima-nrw-monitoring). Zur Beobachtung des Artensterbens wird der Einsatz von Biomonitoring-Verfahren immer wichtiger. Die Komplexität zeigt sich hierbei in der Vielfalt der Methoden, die neben der klassischen Erfassung viele neue Ansätze aus der Genetik, Bioinformatik oder Citizen Science verfolgen. Die Fachleute besprechen Fragestellungen zu unerwarteten oder neuartigen Luftschadstoffbelastungen, die durch Biomonitoringverfahren entdeckt werden können. Aber auch in Gewässern werden Belastungen anhand von Wirkungen auf Pflanzen und Tiere gefunden.

Bei allen Erhebungen sind standardisierte Verfahren und einheitliche Methoden zur Probenahme die Voraussetzung für vergleichbare Ergebnisse. Der wissenschaftliche Austausch ermöglicht eine Bestandsaufnahme und die Vernetzung der unterschiedlichen Disziplinen.

Die Pflanze als Biomonitoring-„Expertin“

Pflanzen sind sehr gute Bioindikatoren. Sie ermöglichen die Langzeitbeobachtung von Klimaveränderungen. Pflanzen passen ihre natürlichen Lebensräume und ihr Blühverhalten an veränderte Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse an oder werden für bestimmte Schädlinge anfälliger. Andere Pflanzen zeigen Belastungen in Gewässern durch veränderte Besiedelung an, reagieren auf Veränderungen der Luftqualität und können Schadstoffe aus Luft und Boden aufnehmen.

Die Anreicherung von Schadstoffen aus der Luft macht sich das LANUV bei der Überwachung von Belastungsstandorten zunutze. In Nordrhein-Westfalen werden die Einträge verschiedener Luftschadstoffe in Pflanzen ermittelt. Dazu werden hauptsächlich Grünkohlpflanzen eingesetzt. Grünkohl vermag aufgrund der Oberflächenstruktur der Blätter und der wachshaltigen Oberschicht in besonderem Maße fettlösliche organische Verbindungen aufzunehmen. Nach der Ernte wird der Grünkohl gewaschen und küchenfertig aufbereitet. Die Proben werden auf verschiedene Schwermetalle und auf organische Verbindungen wie beispielsweise Dioxine und Furane oder PCB untersucht. Da es sich bei Grünkohl um eine Nahrungspflanze handelt, kann mit dem Ergebnis des Biomonitorings die Gefährdung in einem Gebiet direkt berechnet und wenn nötig eine Verzehrempfehlung ausgesprochen werden.

Die Grundlage der Anwendung von Pflanzen als Bioindikatoren für Luftschadstoffe legte die ehemaligen Landesanstalt für Immissionsschutz in Essen, eine der Behörden, die Teil des LANUV wurden. Unter dem Präsidenten Prof. Dr. Heinrich Stratmann, der dieser Tage hundert Jahre alt geworden wäre, fanden seit den 1960er Jahren Versuche mit Freilandkulturen statt, die mit Pflanzen verglichen wurden, die im Labor gezielt festgelegten Belastungen gasförmiger Schadstoffe ausgesetzt wurden. Die Erkenntnisse dieser Forschungen haben an Aktualität nichts verloren. Sie sind noch immer die Basis für weitere Forschungen und die Entwicklung neuer Verfahren.

hrenplakette des VDI

Dr. Katja Hombrecher wurde am 12. Oktober 2023 in Duisburg für ihre engagierte Arbeit mit der Ehrenplakette des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) ausgezeichnet. Katja Hombrecher untersucht beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Luftbelastungen mit Hilfe von pflanzenbasierten Methoden des Biomonitorings.

An Standorten mit potenziellen Luftverunreinigungen tragen diese Untersuchung zur Ursachenermittlung bei und ermöglichen durch Verzehrempfehlungen direkt das Abwenden negativer Folgen. Mit Untersuchungen von Pflanzen können zudem Erfolge von Luftreinhaltemaßnahmen nachgewiesen werden.

Neben der Untersuchung von Belastungspunkten stellt Katja Hombrecher gemeinsam mit ihrem Team Daten und Informationen aus dem Wirkungsdauermessprogramm für andere Forschungsprojekte bereit und trägt maßgeblich zur Qualitätssicherung von Bioindikationsverfahren bei. Die Erfahrungen und Daten aus dem Wirkungsdauermessprogramm NRW gehen unter anderem in die Richtlinienarbeit der Kommission Reinhaltung der Luft des VDI ein.

Interview mit Katja Hombrecher:

https://blog.vdi.de/gruenkohl-ein-verkanntes-superfood

Monitoringprogramme beim LANUV:

https://indikatoren-lanuv.nrw.de/umweltmonitoring-nrw/index.php?mode=liste&aufzu=0

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