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Minister Oliver Krischer: "Schadstoffbelastungen bei Kindern müssen weiter reduziert werden"

Neue Untersuchungsergebnisse zu Belastungen mit Konservierungsmitteln, Bisphenolen und Pestiziden vorgelegt - Regulierungen zeigen Wirkungen

©Royalty-Free/Corbis

Aktuelle Untersuchungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) weisen weiterhin Belastungen von Kindern mit Schadstoffen im Urin auf, zeigen aber auch, dass durch verschärfte Regulierungen in den letzten Jahren deutliche Rückgänge bei einzelnen Substanzen erreicht werden konnten. Die aktuellen Ergebnisse zu Belastungen durch ausgewählte Konservierungsmittel, Glyphosat und einige Insektizide sowie Bisphenol A und zwei seiner Ersatzstoffe wurden jetzt veröffentlicht.

Insgesamt sind die Schadstoffbelastungen im Urin der Kinder überwiegend rückläufig, einige der gemessenen Schadstoffe haben im Verlauf des Untersuchungszeitraums deutlich abgenommen. Dies gilt zum Beispiel für die als Konservierungsmittel eingesetzten Parabene und das seit 2020 verbotene Insektizid Chlorpyrifos. Die Belastung der Kinder mit dem viel diskutierten Herbizid Glyphosat ist seit Beginn der Untersuchungen auf konstant niedrigem Niveau und liegt deutlich unter dem gesundheitlichen Beurteilungskriterium. Anders sieht es für die Pyrethroid-Insektizide aus, die im häuslichen Umfeld beispielsweise zur Imprägnierung von wollhaltigen Bodenbelägen/Teppichen und Polstermöbeln oder in Elektroverdampfern zur Bekämpfung von Mücken in Innenräumen zur Anwendung kommen. Für diese Substanzgruppe ist eine kontinuierliche Zunahme der Belastung zu beobachten. Die gesundheitlichen Bewertungsmaßstäbe für bekannte Vertreter wie Deltamethrin und Cyfluthrin werden jedoch noch deutlich unterschritten. Dies muss weiter beobachtet werden.

"Unsere Kinder sind täglich über Alltagsprodukte und Spielsachen unterschiedlichsten chemischen Stoffen ausgesetzt", sagte Umweltminister Oliver Krischer zu den Untersuchungsergebnissen. Gerade bei Kindern sei es deshalb wichtig, diese Schadstoff-Belastung zu reduzieren. Denn bestimmte Substanzen können sich negativ auf die Entwicklung oder das Hormonsystem der Kinder auswirken. Die Ergebnisse zeigten, wie sich regulierende Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung auswirkten und auch, wo es weiteren Handlungsbedarf gebe. "Human-Biomonitoring ist ein daher wertvolles Instrument des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes und dient dem Wohl unserer Kinder. Unsere systematischen und kontinuierlichen Untersuchungen von Kindern in Nordrhein-Westfalen haben sich bewährt und werden fortgeführt", ergänzte die Vize-Präsidentin des LANUV, Dr. Barbara Köllner.

Langzeituntersuchung zum Schutz von Kindern

Das LANUV untersucht seit dem Jahr 2011 regelmäßig in Kitas die Belastung von zwei bis sechs Jahre alten Kindern aus Nordrhein-Westfalen auf Schadstoffe im Urin. Inzwischen liegen Ergebnisse aus insgesamt vier Untersuchungszeiträumen (2011/12, 2014/15, 2017/18, 2020/21) vor. Untersucht wurden die von den Kindern genommenen Urinproben auf bestimmte Weichmacher, Konservierungsmittel und Umweltphenole aus verbrauchernahen Produkten, wie zum Beispiel Spielwaren und Kosmetikartikeln, sowie auf ausgewählte Pestizide. Soweit möglich werden die gemessenen Urinkonzentrationen mit gesundheitlichen Bewertungsgrößen oder repräsentativen Untersuchungen für Deutschland verglichen und eingeordnet. Allen Eltern der beteiligten Kinder wird auf Wunsch vom LANUV eine umweltmedizinische Beratung angeboten.

Die neuen Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, welch wirkungsvolles Instrument das Human-Biomonitoring ist, um gesundheitliche Belastungen, Regulierungsbedarf und Regulierungserfolge zu erkennen - dieses Frühwarnsystem hat sich bewährt. Seit dem Jahr 2014 sind bestimmte Parabene als Konservierungsmittel in Kosmetika nicht mehr zugelassen. Dass diese Regulierungen greifen, zeigt der inzwischen festgestellte Rückgang der Belastung bei den untersuchten Kindern.

Die als sensibilisierend geltenden Isothiazolinone, ein weiteres Konservierungsmittel, dürfen seit dem Jahr 2017 nicht mehr in Kosmetika verwendet werden, die auf der Haut verbleiben. Die Belastung der untersuchten Kinder mit den Isothiazolinonen bleibt im zeitlichen Verlauf weitestgehend konstant. Daraus ist zu folgern, dass die vorgefundenen Belastungen aus anderen Quellen stammen. Dies muss weiter überprüft werden.

Konservierungsmittel werden zum Beispiel Kosmetika, Arzneimitteln oder Lebensmitteln zugesetzt, um das Wachstum von Mikroorganismen zu hemmen. Parabene werden insbesondere in Kosmetika und Körperpflegemitteln eingesetzt, auch in Arzneimitteln kommen sie zum Einsatz. Einige von ihnen stehen im Verdacht, das Hormonsystem des Körpers zu beeinflussen. Isothiazolinone werden hauptsächlich in Körperreinigungsmitteln, Reinigungs- und Waschmitteln sowie Farben und Lacken eingesetzt. Sie sind hautreizend und können Allergien auslösen.

Die Belastung mit dem bekanntesten Vertreter der Bisphenole, Bisphenol A, nimmt im zeitlichen Verlauf ab. Die Verwendung von Bisphenol A wurde EU-weit in mehreren Bereichen beschränkt, vor allem wegen seiner unerwünschten Wirkung auf die Fortpflanzungsfähigkeit. Im Human-Biomonitoring sind inzwischen deutlich niedrigere Konzentrationen im Urin der Kinder zu finden als zu Beginn der Untersuchungen 2011. Derzeit ist auf europäischer Ebene die Neubewertung der gesundheitlichen Wirkung von Bisphenol A in der Diskussion. Welche Folgen sich daraus für die derzeit angewendeten gesundheitlichen Beurteilungswerte des Human-Biomonitorings ergeben, kann derzeit noch nicht abschließend bewertet werden.

Erstmalig wurde auch die Belastung von Kindern in Nordrhein-Westfalen mit dem Ersatzstoff Bisphenol S untersucht. Hier lagen die gemessenen Urinkonzentrationen bei 17 Prozent der untersuchten Kinder auf einem Niveau, das Anlass gibt, die Schadstoffbelastung weiter zu beobachten. Die Bisphenole werden auch im nächsten Untersuchungsquerschnitt 2023/2024 weiter beobachtet. Das Umweltministerium NRW verfolgt zudem aufmerksam die Entwicklungen auf EU-Ebene zum Einsatz von Bisphenolen.

Bisphenole sind eine Gruppe von synthetisch hergestellten Verbindungen. Der bekannteste Vertreter der Bisphenole ist Bisphenol A (BPA). BPA wird zur Herstellung von Polycarbonaten und Epoxidharzen verwendet, wie etwa zum Beispiel in wiederverwendbaren Lebensmittel- und Getränkebehältern. Epoxidharze werden in erster Linie zur Oberflächenbeschichtung verwendet. Relevante Anwendungen sind etwa die Beschichtung von Konserven- und Getränkedosen und Wasserleitungen. Bisphenole stehen im Verdacht, sich negativ auf das Hormonsystem auszuwirken und können die Fortpflanzungsfähigkeit und Entwicklung beeinträchtigen.

Pestizide wie Glyphosat, Neonicotinoide, Pyrethroide, Organophosphat-Insektizide sind einerseits Substanzen, die in der Landwirtschaft als Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden und gegen Pflanzen (Herbizide), Insekten (Insektizide) oder Pilze (Fungizide) wirken. Andererseits zählen hierzu auch Biozide, die im häuslichen, gewerblichen oder industriellen Bereich zur Bekämpfung von Schädlingen, wie zum Beispiel Insekten, Pilzen und Mikroben, als Desinfektionsmittel, Rattengifte oder Holzschutzmittel zur Anwendung kommen. Die untersuchten Pestizide weisen sehr unterschiedliche Wirkungen auf. Organophosphate etwa wirken toxisch auf das Nervensystem.

Masterplan Umwelt und Gesundheit

Das frühzeitige Erkennen der Belastung von Kindern mit Schadstoffen ist ein Schwerpunkt des Masterplans Umwelt und Gesundheit. Mit diesem verfolgt die Landesregierung das Ziel, die umweltbedingten Gesundheitsrisiken für die Menschen in Nordrhein-Westfalen mit einem breit angelegten und integrierten Handlungskonzept zu reduzieren.

Das Umweltministerium hat das Landesumweltamt (LANUV) mit Untersuchungen beauftragt, in denen in regelmäßigen zeitlichen Abständen von drei bis vier Jahren die Belastung von Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren auf ausgewählte Schadstoffe und deren Abbauprodukte im Urin ermittelt wird. Durch diese regelmäßigen Untersuchungen ist es möglich, die Belastung von Kindern dieser Altersgruppe mit alten und neuen Schadstoffen zu verfolgen (Human-Biomonitoring).

Weitere Informationen

Download:

Pressemitteilung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW