Mikroschadstoffe in Gewässern

Viele Kläranlagen müssen zur Entfernung von Mikroschadstoffen im Abwasser ausgebaut werden

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In Haushalten, Industrie und Gewerbe werden mehrere tausend Chemikalien verwendet. Diese vom Menschen hergestellten und verwendeten Substanzen, die bereits in geringen Mengen den Lebensraum Wasser negativ beeinflussen können, werden auch als Mikroschadstoffe bezeichnet. Dazu gehören zum Beispiel Arzneimittel, Röntgenkontrastmittel, Inhaltsstoffe in Kosmetikprodukten, Haushaltschemikalien, Biozide, Pestizide oder Industriechemikalien. Mikroschadstoffe können über Abwasser aus Haushalten oder Industrie und Gewerbe in unsere Gewässer gelangen. Als diffuse Einträge können sie auch aus der Landwirtschaft oder aus Siedlungsgebieten in Gewässer eingetragen werden. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) untersucht regelmäßig die Gewässer auf Schadstoffe, da diese sich schädlich auf die Gewässerökologie auswirken können und mehr als die Hälfte des Rohwassers für die Trinkwassergewinnung in Nordrhein-Westfalen direkt aus Oberflächengewässern oder aus Uferfiltrat gewonnen wird.

„Die Herausforderungen mit Mikroschadstoffen werden tendenziell weiter zunehmen,“ erklärte LANUV-Präsidentin Elke Reichert heute (22. Mai 2024) auf der Jahrespressekonferenz des LANUV in Duisburg. „Der demografische Wandel wird einen höheren Bedarf an Arzneimitteln mit sich bringen. Durch medizinische und technologische Entwicklungen werden weitere und neue Substanzen in die Umwelt gelangen. Wir haben auch den Klimawandel im Blick, denn Dürreperioden erhöhen die Anreicherung von Schadstoffen in unseren Gewässern. Unser Ziel muss daher sein, Stoffeinträge in Gewässer soweit möglich zu vermeiden,“ betonte Elke Reichert. Die Herausforderung der nächsten Jahre wird laut der LANUV-Präsidentin sein, die aktuellen konventionell arbeitenden Kläranlagen mit weiteren Verfahren aufzurüsten, um so viele Mikroschadstoffe wie möglich herauszufiltern.

Konventionelle Kläranlagen arbeiten mit mechanischen, biologischen und chemischen Verfahren. Diese Kläranlagen sind jedoch nicht darauf ausgelegt, gezielt Mikroschadstoffe zu entfernen. Die Wirksamkeit von Kläranlagen zur Entfernung dieser Stoffe kann technisch mit der Erweiterung um eine so genannte „vierte Reinigungsstufe“ erhöht werden. Dabei kommen Verfahren auf der Basis von Aktivkohle, mit Hilfe von Ozon, einer Kombination aus beiden oder in Kombination mit Membrantechnik zum Einsatz. Durch Pilotprojekte und Machbarkeitsstudien an konkreten Anlagen liegen ausreichend Ergebnisse vor, die die Wirksamkeit der vierten Reinigungsstufe belegen.

Bereits 22 Kläranlagen wurden in Nordrhein-Westfalen mit einer vierten Reinigungsstufe ausgebaut, zehn Anlagen befinden sich im Bau und weitere 17 Kläranlagen in der konkreten Planung. Gemäß Maßnahmenprogramm des dritten Bewirtschaftungsplans 2022 bis 2027 für Nordrhein-Westfalen sind 101 von insgesamt 592 Kläranlagen für den Ausbau vorgesehen. Der Ausbau von Kläranlagen ist insbesondere dort notwendig, wo durch die Belastung und den ökologischen Zustand des Gewässers nach derzeitigem Kenntnisstand Maßnahmen erforderlich sind. Außerdem ist eine Nachrüstung an Stellen erforderlich, wo der Eintrag aus der Kläranlage im Verhältnis zum Gewässerabfluss mengenmäßig groß ist, sowie in Trinkwassereinzugsgebieten und in Gebieten des Naturschutzes.

Neue EU-Richtlinie macht Nachrüstung zur Pflicht

Das Europäische Parlament hat Anfang April 2024 die neue EU-Kommunalabwasser Richtlinie (kurz KARL) verabschiedet. Die Richtlinie verpflichtet zum Ausbau von Kläranlagen ab einer Ausbaugröße von über 150.000 Einwohnerwerten. Weitere Kläranlagen größer 10.000 Einwohnerwerten sind nach Prüfung eines risikobasierten Ansatzes auszubauen. Gemäß der Richtlinie sollen zukünftig die Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetikartikeln an den Kosten der Abwasserreinigung beteiligt werden.

Die Richtlinie ist noch nicht in Kraft, mit einer Veröffentlichung ist Ende 2024 zu rechnen; danach sind die Anforderungen innerhalb von 30 Monaten nach Veröffentlichung in nationales Recht umzusetzen.

Das Land Nordrhein-Westfalen fördert den Ausbau kommunaler Kläranlagen zur Mikroschadstoffreduzierung über die Ende 2023 neu veröffentlichte Förderrichtlinie „Zukunftsfähige und nachhaltige Abwasserbeseitigung“. Der Fördersatz beträgt bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben.

Für die Betreuung und fachliche Begleitung von Forschung & Entwicklungsvorhaben gibt es beim LANUV die Kompetenzstelle Mikroschadstoffe im Abwasser. Sie berät Behörden und Betreiber von Kläranlagen und gibt ihnen fachliche Unterstützung bei der Umsetzung der Mikroschadstoffstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen. Zu ihren Aufgaben gehören die fortlaufende Analyse zum Stand der Technik, die Aufbereitung von Erkenntnissen aus Forschung und Entwicklung und die Bereitstellung der Fachinformationen.

Das Fachinformationssystem Mikroschadstoffe bietet Lösungsansätze zur Reduzierung von Mikroschadstoffeinträgen in Gewässer und gibt Auskunft über den aktuellen Stand des Ausbaus von Kläranlagen in Nordrhein-Westfalen:

https://mikroschadstoffe.nrw.de/

Das LANUV präsentierte heute außerdem seinen Jahresbericht 2023 mit einer Reportage zu Hochwasserinformationen, Berichte über Naturschutzprojekte, Informationen zur Erhebung der Luftqualität, zur Gewässergüte und vielen anderen Themen aus Natur, Umwelt, Klima und Verbraucherschutz.

Zum Jahresbericht:

https://www.lanuv.nrw.de/jahresbericht-2023

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