Im Jahre 2008 wurden erstmals Maifischlarven in Seitengewässer des Rheins in Nordrhein-Westfalen und Hessen ausgesetzt. Um das langfristige Ziel, die Art wieder im Rheinsystem anzusiedeln, realisieren zu können, müssen die Besatzmaßnahmen über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren fortgeführt werden.
Für die Jahre 2011 bis 2015 werden die Besatzmaßnahmen durch die Einbettung in das LIFE+ Projekt sichergestellt und jährlich 1,5 - 2 Mio. Maifische im Rheinsystem ausgesetzt. Die Techniken zur künstlichen Vermehrung und Markierung der Maifische als Grundlage der Besatzmaßnahmen wurden bereits im Rahmen des LIFE Maifischprojektes erarbeitet. Mit dem Bau der Maifischzuchtanlage in Bruch wurden diese Techniken weiterentwickelt und die Rahmenbedingungen für die Produktion von Maifischlarven in der erforderlichen Größenordnung geschaffen. Diese Infrastrukturen werden für die Produktion von Besatzmaterial im Rahmen des LIFE+ Projektes weiter genutzt.
Die Methoden der künstlichen Vermehrung und Markierung konnten in den letzten Jahren weiter optimiert und Nettolarvenproduktion (Anzahl Larven pro Elterntier) erhöht werden. Im Rahmen des LIFE+ Projektes sollen erstmals Maifischlarven aus Eiern, die in der Maifischzucht in Bruch gewonnen und nach Deutschland exportiert werden, in einer deutschen Fischzucht erbrütet und die Larven im Rheinsystem besetzt werden. Das know-how zur Maifischzucht wird durch die französischen Projektpartner von der Association MIGADO vermittelt, die auch die Maifischzuchtanlage in Bruch leiten und betreuen. Im Jahr 2013 wird ein workshop zur Vermehrung von Maifischen für interessierte Fischzüchter abgehalten. Ziel ist es die Maifischzucht außerhalb Frankreichs zu etablieren und ein Kompetenzzentrum für die Maifischzucht im Rheinsystem zu errichten.
Erfahrungen mit anderen Wanderfischarten, wie Stören (Acipenser sturio) und Lachsen (Salmo salar) haben gezeigt, dass sogenannte Elternfischhaltungen ein geeignetes Instrument im Zusammenhang mit Artenschutz und Wiederansiedlungsprojekten sind. Die Hälterung von geschlechtsreifen Fischen in Gefangenschaft oder von Nachkommen wildlebender Tiere bis zum Erreichen der Geschlechtsreife bietet den Vorteil, dass zur Gewinnung von Geschlechtsprodukten zur künstlichen Vermehrung der Zugriff auf den pool von wildlebenden Elterntieren verringert werden kann sogar entfällt. Die Hälterung von Nachkommen aus wildlebenden Populationen impliziert zudem eine Art „lebende Genbank“ in der die genetischen Eigenschaften „konservieren“ lassen, auch wenn die wildlebende Population ausstirbt. Ebenso kann durch die Überführung von Nachkommen aus Rückkehrern (etwa von in den Rhein zurückkehrenden Fischen) in den Bestand, Merkmale einer Anpassung an das Flusssystem in welches die Tiere angesiedelt werden, selektiert werden.
Für Maifische liegen bislang keine Erfahrungen zur langfristigen Haltung oder gar zum Einsetzen der Geschlechtsreife in Gefangenschaft vor. Im Jahr 2008 wurden versuchsweise Maifischlarven aus der Versuchsanlage des Cemagref in St. Seurin in das Aquarium La Rochelle in Frankreich überführt um das Wachstum der Fische in Gefangenschaft zu erforschen. Die Fische werden unter Seewasserbedingungen gehalten und zeigen ähnlich gute Wachstumsleistungen wie ihre Artgenossen in freier Natur. Einige Fische aus diesem Bestand können in einem Seewasseraquarium in La Rochelle zusammen mit Sardinen und Sardellen bestaunt werden. Auf Grundlage der in La Rochelle gemachten Erfahrungen zur Hälterung der Maifische soll in Deutschland eine Pilotanlage zu einer Elternfischhaltung entstehen und die Hälterungsbedingungen optimiert werden.
Da Maifische Temperaturen unter 10°C nicht vertragen und im Winter weniger stark auskühlende Bereiche im Meer aufsuchen, erfordert die Haltung der Maifische ein Aufheizen des Wassers. Der Standort für die Pilotanlage setzt daher die Nähe zu einer Wärmequelle voraus. Der ursprünglich hierfür vorgesehene Standort auf einem Kraftwerksgelände konnte nicht realisiert werden, sodass sehr kurzfristig ein alternativer Standort gefunden werden musste, da die Realsierung des Ziels bis zum Jahr 2015 (Weibchen erreichen durchschnittlich im Alter von 5 Jahren die Geschlechtsreife) geschlechtsreife Maifische in Gefangenschaft heranzuziehen, ein Bestockung der Pilotanlage mit Larven bis zum Juni 2011 voraussetzte. Auf dem Betriebsgelände der Recyclinganlage für Hausmüll der Hermann Hoffmann Gruppe im hessischen Aßlar konnte mit Hilfe des Partnerlandes Hessen ein Standort gefunden werden, der die erforderlichen Rahmenbedingungen aufweist und zunächst provisorische Vorrichtungen zur Hälterung der jungen Maifische kurzfristig installiert werden. Im Laufe des Jahres 2011 sollen die Fische in die eigentliche Elternfischhaltungsanlage überführt werden. Die kurzfristige Realisierung der Anlage an diesem Standort ist insbesondere aufgrund der deutlich höheren als im Projektantrag vorgesehenen Kosten nur durch die organisatorische Unterstützung der Bezirksregierung Giessen möglich, in dem eine Lösung gefunden wurde, ein Ökopunktekonto der Hermann Hoffmann AG zu diesem Zwecke nutzen zu können. Die Installation und die Betreuung der Anlage wäre ohne das Engagement und die Unterstützung der Mitarbeiter der Recyclinganlage unmöglich gewesen.
Die in der Pilotanlage in Aßlar und in La Rochelle in Frankreich gesammelten Erfahrungen sollen dazu beitragen die Hälterungsbedingungen für Maifische zu optimieren und bei der Anlage künftiger Ex-situ Anlagen Pate stehen.
Parallel an den Maifischen in La Rochelle stattfindende hormonelle, physiologische und histologisch-anatomische Untersuchungen sollen Rückschlüsse auf den Einfluss und die Optimierung der Hälterungsbedingungen auf das Wachstum und das Erreichen der Geschlechtsreife geben. Hierbei sollen unter anderem die wechselnden Milieubedingungen, die in freier Natur mit der Wanderung vom Meer zum Ästuar und in die Flüsse einhergehen (Salzgehalt, Temperatur, Strömung, Nahrung, etc.) simuliert und der qualitative und quantitative Einfluss auf die Geschlechtsreife und Fertilität untersucht werden.
Das Projekt zur Wiederansiedlung des Maifischs im Rheinsystem basiert auf den IUCN-Kriterien zur Wiederansiedlung von Arten, was nicht nur beinhaltet, dass im Vorfeld des ersten Besatzes Machbarkeitsstudien durchgeführt wurden, in denen die Rahmenbedingungen, wie die rezente Bestandssituation, die Durchwanderbarkeit des Projektraumes, sowie das Vorhandensein essentieller Habitate für eine gewährleistete eigenständige Rekrutierung der Art analysiert wurde; das Projektdesign setzt auch voraus, das der Fortschritt und die Stufen des Erfolgs auf den unterschiedlichen Ebenen messbar sind.
Aus diesem Grund wird der Besatz im Rheinsystem durch Fischereibiologen durchgeführt, die parallel dazu das Verhalten Maifische nach dem Besatz und deren Einnischung in bestimmte Gewässerstrukturen kontrollieren. Die besatzbegleitenden Monitoringuntersuchungen dienen dazu die Eignung der jeweiligen Besatzstandorte unter Beweis zu stellen und die Besatzmaßnahmen selbst immer weiter zu optimieren und so die Überlebensraten der jungen Maifische zu erhöhen. Parallel zu den in Frankreich durchgeführten Untersuchungen zur Habitatnutzung der jungen Maifisch in den Flüssen, sollen die Monitoringuntersuchungen Rückschlüsse über das Verhalten, die Einnischung und Abwanderung aus den Besatzgewässern ermöglichen, und dazu beitragen die vielen offenen Fragen zur Ökologie des Maifisches zu klären.
Im Herbst 2010 konnten erstmals aus den Besatzmaßnahmen stammende Maifische während der Abwanderung zum Ästuar und zum Meer dokumentiert werden. Dieser erste Nachweis von juvenilen Maifischen seit dem Aussterben des Maifisches im Rhein zeigt nicht nur, dass die Wiederansiedlungsstrategie erfolgreich optimiert wurde, dass der Besatz so wie er durchgeführt wird ein Überleben der jungen Maifische gewährleistet, und dass die jungen Maifische im Rhein trotz dessen massiver anthropogener Überprägung zu Juvenilen heranzuwachsen vermögen und wie einst ihre Ahnen zum Herbst hin fristgerecht den Habitatwechsel aus dem Süßwasser zum Brackwasser vollziehen.
Gleichwohl ist die Tatsache, dass die jungen Maifische nicht unentdeckt blieben, der Fangmeldung durch den Nebenerwerbsfischer Rudi Hell zu verdanken, der einen der letzten Aalschokker entlang des Rheins betreibt und die Tradition der Hamenfischerei fortführt. Flächendeckende und umfangreiche Monitoringuntersuchungen, die geeignet wären die jungen Maifische im riesigen Rheinstrom zu finden oder gar zu quantifizieren, können nicht aus Projektmitteln finanziert werden. Aufgrund dessen sind wir zwingend auf entsprechende Rückmeldungen aus der Berufs-, Nebenerwerbs-, Freizeit- und Angelfischerei angewiesen. Derartige Informationen sind unerlässlich um die Wanderwege und –phasen der jungen Maifische identifizieren zu können und Schutzmaßnahmen, etwa an Wasserkraftstandorten einleiten zu können. Speziell für den niederländischen Deltarhein, wo nicht nur traditionell viel mit Reusen gefischt wird, und sich die jungen Maifische zudem vor der Abwanderung ins Meer versammeln, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein junger Maifisch in einer Reuse verirrt relativ hoch. Um junge Maifische sicher von der im Rheindelta zahlreich vorkommenden und eng verwandten Finte (Alosa fallax) sowie weiterer heringsartiger Fische unterscheiden zu können, wurde eine Bestimmungshilfe entwickelt.
Über die Weidegründe von Maifischen in der Nordsee ist nahezu nichts bekannt. Im Hinblick auf die Intensität fischereilicher Aktivitäten erscheint es jedoch recht wahrscheinlich, dass potenziell in der Nordsee vorkommende Maifische als Beifänge durch die Berufs- oder Freizeitfischerei in Erscheinung treten.
Um Informationen über die Gebiete in denen die Maifische bis zum Erreichen der Geschlechtsreife in der Nordsee heranwachsen, ob sich auch Maifische aus den im Rahmen des LIFE-Projektes im Rhein durchgeführten Besatzmaßnahmen in der Nordsee aufhalten sowie um die generelle Informationen zur Herkunft von Maifischen in der Nordsee zu gewinnen, bitten wir um eine Weiterleitung von Informationen zu Maifischfängen aus der Nordsee und um eine Zusendung von der Otholithen von verendeten Maifischen um diese auf Markierungen hin untersuchen zu können (bei einer Präparation der Otholithen müssen diese unbedingt vor direkter Lichteinstrahlung und insbesondere UV-Licht geschützt werden!). Tiefgefroren oder in Alkohol gelagerte Gewebeproben der Fische könnten zudem für genetische Untersuchungen, etwa zur Herkunft der Fische genutzt werden. Bitte melden Sie sich bei uns, wenn ihnen einen Maifisch ins Netz oder an den Haken gegangen ist! Erläuterungen zur sicheren Unterscheidung von Exemplaren des Maifischs (Alosa alosa) und der naheverwandten Finte (Alosa fallax), die in der Nordsee wieder recht weit verbreitet ist, finden Sie hier.
Die Fischerei Forschungsinstitute der Nordseeanrainerstaaten wurden gebeten Nachweise über Maifische in der Nordsee an die Projektleitung des Maifischprojektes weiterzuleiten. Zudem wurde im größten deutschen Onlineforum für Angler ein Aufruf gestartet Beifänge von Maifischen zu melden. Auf diesem Wege soll ein Monitoringnetzwerk für die Nordsee etabliert werden.
Nach dem Fund von abwandernden Jungfischen stellen der Nachweis von aus dem Besatz stammenden (prä-) adulten Maifischen im Meer und insbesondere die Rückkehr von geschlechtsreifen und Maifischen, das Überwinden der nächsten Hürden auf dem Weg zu einer erfolgreich verlaufenden Wiederansiedlung des Maifischs im Rhein dar. Mit der Rückkehr von Maifischen aus dem Besatz wäre der Nachweis erbracht, dass die Fische das „Nadelöhr“ des Rheindeltas mit einen Absperrbauwerken (Haringvliet und Ijsselmeer) und dem intensiven Schiffsverkehr im Nieuwe Waterweg und Rotterdamer Hafen zu passieren und im Meer heranzuwachsen vermögen. Da Maifische nach ca. 3 bis 5 Jahren Aufenthalt im Meer geschlechtsreif werden, und der Besatz im Rheinsystem 2008 mit rund einer halben Million besetzen Maifischen begonnen und von 2009 an jährlich rund 2 Mio. Maifischen besetzt wurden, ist ab 2013 mit einem Anstieg der in den Rhein aufsteigenden Maifische zu rechnen.
Aufgrund der Weitläufigkeit des Rheindeltas und der immensen Fläche die der Rhein einnimmt ist ein repräsentatives Monitoring von adulten Maifischen nicht zu realisieren. Im Rhein konnten seit Inbetriebnahme der Fischpässe an den untersten Staudämmen am Oberrhein an den Monitoringeinrichtungen in Iffezheim und Gambsheim immer wieder aufsteigende Maifische beobachtet werden, bei denen es sich um sogenannte Streuner aus der Girondepopulation handelt. Eine Zunahme der in das Rheinsystem aufsteigenden Maifische wird sich insofern mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit durch einen Anstieg von Maifischbeobachtungen an Fischpässen im Oberrhein oder Monitoringeinrichtungen an den größeren Zuflüssen niederschlagen. Wenngleich darüber hinaus Kontrollbefischungen in ausgewählten Abschnitten des Rheins durchgeführt werden sollen, gilt auch hier, dass Meldungen über Fänge aus der Berufs- oder Angelfischerei, über Totfunde oder Beobachtungen zum Laichspiel der Maifische unerlässlich sind, um Informationen über Maifischrückkehrer zusammentragen zu können. Bitte wenden Sie sich an uns oder senden Sie uns Bildmaterial von möglichen Maifischfängen oder Funden mit Angaben zum Fang/Fundort und Datum zu. Wir werden uns umgehend mit Ihnen in Verbindung setzen. Ebenso Fangmeldungen von Maifischen aus der Nordsee von großem Interesse. So wurden offenbar von 2010 an vermehrt Maifische in der deutschen Bucht und entlang der schleswig-holsteinischen und dänischen Nordseeküste als Beifang von Anglern erbeutet. Bitte setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wenn Ihnen ein Maifisch an die Angel oder ins Netz gegangen ist.
Maifische zeichnen sich durch ein sehr lautstarkes Paarungsverhalten aus. Der Laichakt findet bei geeigneten Temperaturbedingungen (ca. 18°C) entlang von bestimmten Gewässerstrukturen, vornehmlich über mäßig tiefen und moderat überströmten Kiesbänken, insbesondere an Flussinnenkurven (Gleithänge) statt. Diese für die Maifische erreichbaren potenziellen als Laichareale geeignete Strukturen im Rhein und seinen Zuflüssen wurden im Vorfeld erfasst (Link zu Laichhabitatkartierung). Ab dem Jahr 2013 sollen potenzielle Laichplätze im relevanten Zeitfenster überwacht werden. In Anbetracht der Vielzahl potenzieller Laichplätze hoffen wir durch Hinweise aus Kreisen exponierter und im Vorfeld sensibilisierter Personengruppen (Angler, Wasserschutzpolizei) die relevanten Bereiche einengen und diese dann intensiver überwachen zu können. Mit dem Nachweis von laichenden Maifischen im Rhein wäre, nach dem einer erfolgreichen Reproduktion im Rheinsystem, die höchste zu erreichende Hürde für die erfolgreiche Wiederansiedlung des Maifischs im Rhein im Zeitraum bis 2015 genommen.