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Ausbreitungsrechnung für Geruchsstoffe

Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL)

In der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) werden maximal zulässige Belastungswerte für Gerüche (Immissionswerte) genannt, die auf der Überschreitungshäufigkeit von Geruchsstunden beruhen. Mit der Einführung der Geruchsstunde wird berücksichtigt, dass die Belästigungswirkung von Gerüchen nicht nur von der Dauer, sondern auch von der zeitlichen Verteilung des Auftretens abhängt. Die Geruchsstunde ist wie folgt definiert: Falls innerhalb einer Stunde in einem Zehntel der Zeit erkennbare Gerüche aus emittierenden Anlagen/Betrieben auftreten, liegt eine Geruchsstunde vor, d.h. die gesamte Stunde wird als Stunde mit Geruchsbelastung gezählt.

In der  Ausbreitungsrechnung werden zunächst Konzentrationswerte für den emittierten Geruchsstoff (GE/m³ - Geruchseinheit pro Kubikmeter) berechnet. In einem zweiten Schritt erfolgt der Übergang auf die Häufigkeit von Geruchsstunden. Innerhalb des mit der TA Luft 2002 eingeführten Ausbreitungsmodells AUSTAL2000 wird das Vorliegen einer Geruchsstunde, ausgehend vom Stundenmittel der Konzentration,  über einen festen Verhältniswert abgeschätzt.

Ausbreitungsrechnung

Die GIRL schreibt für die Ausbreitungsrechnung von Geruchsstoffen die Berechnung nach Anhang 3 TA Luft vor. Es handelt sich dabei um ein Lagrange’sches Ausbreitungsmodell.

Emissionsquelle

Unabdingbare Voraussetzung für die Geruchsausbreitungsrechnung ist eine eindeutige Beschreibung der Emissionsquellen. Dazu gehört die Lage jeder einzelnen Quelle (Rechtswert/Hochwert) sowie ihre Bauhöhe. Weiterhin ist entscheidend, um welche Art von Quelle es sich handelt (geführte Quelle, diffuse Quelle, Flächenquelle). Von besonderer Bedeutung ist der Geruchsstoffstrom der Emissionsquelle. Im Bereich der Tierhaltung wird dieser, soweit besondere Umstände des Einzelfalls keine andere Vorgehensweise erfordern, unter der Verwendung von Konventionswerten, die als Jahresmittelwerte für die immissionsseitige Wirkung der Gerüche gesetzt sind, berechnet.

Abluftfahnenüberhöhung

Je nach Ausführung der Emissionsquelle (zumeist senkrechter Austritt über First) tritt auch im Tierhaltungsbereich eine sogenannte Abluftfahnenüberhöhung auf. Insbesondere gilt dies bei freier Abströmung der Abluft in die Atmosphäre, die als sichergestellt angesehen wird, wenn

  1. keine Störfaktoren vorhanden sind,
  2. die Emissionsquelle eine Höhe von 10 m über Erdboden hat,
  3. die Emissionsquelle 3 m über First liegt sowie
  4. eine Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s gewährleistet ist.

Zur Berechnung der Abluftfahnenüberhöhung wird die Angabe des Volumenstroms, der Austrittsgeschwindigkeit und der Ablufttemperatur (bzw. der Differenz zwischen Ablufttemperatur und Außentemperatur) benötigt. Im Vergleich zu industriellen Emissionsquellen sind solche im Bereich der Landwirtschaft/Tierhaltung geprägt durch die bodennahe Lage der Emissionsquellen sowie Austrittstemperaturen, die je nach Jahreszeit zum Teil nur geringfügig oberhalb der Außentemperatur liegen. Aufgrund der bisher großen Unsicherheiten, in welcher Form der thermische Anteil der Abluftfahnenüberhöhung in einer Ausbreitungsrechnung mit Jahresmittelwerten verwendet werden kann, empfiehlt das LANUV, für solche Berechnungen  im Bereich der Tierhaltung ausschließlich den mechanischen Anteil der Abluftfahnenüberhöhung in Berechnungen mit AUSTAL2000 zu verwenden. Alternativ kann eine Berechnung mit Zeitreihen unter Berücksichtigung des thermischen Anteils erfolgen, wobei für jede Stunde des Jahres der jeweils wirksame thermische Anteil zu berechnen ist. Bei Emissionsquellen, bei denen die Emissionen nicht senkrecht über First abgeleitet werden (z. B. Offenställe, windinduzierte Quellen, Seitenwandlüfter) ist keine Abluftfahnenüberhöhung gegeben.

Beurteilungsflächen

Die Beurteilung von Geruchshäufigkeiten erfolgt auf zumeist quadratischen Flächen, den Beurteilungsflächen. Die Beurteilungsflächen selber sollen eine weitgehend homogene Geruchsbelastung aufweisen und somit die Geruchshäufigkeit an den Immissionsorten repräsentativ beschreiben. Entsprechend GIRL wird dazu zunächst eine Seitenlänge von 250 m verwendet. Die Seitenlänge ist zu verkleinern, wenn weitgehend homogene Geruchsimmissionen innerhalb der Fläche nicht gewährleistet sind. Die Verteilung der Geruchsimmissionen im Umfeld von Tierhaltungsanlagen, insbesondere soweit mehrere Hofstellen mit Tierhaltung vorhanden sind, erfordert zumeist eine deutliche Verkleinerung der Beurteilungsflächen, um die repräsentative Beurteilung der Immissionsbelastung im Nachbarschaftsverhältnis sicherzustellen.

Beurteilungsgebiet - Untersuchungsraum

Nach GIRL ist das Beurteilungsgebiet (Fläche, innerhalb der sich die zu beurteilenden Immissionsorte befinden) im ersten Schritt so festzulegen, dass sich die Beurteilungsflächen vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der Schornsteinhöhe entspricht. Als kleinster Radius ist 600 m zu wählen, wobei dieser für Anlagen mit diffusen Quellen und Austrittshöhen von weniger als 10 m – häufiger Fall  im Tierhaltungsbereich – vom Rand des Anlagengeländes aus zu setzen ist. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass das Beurteilungsgebiet stets so zu legen ist, dass eine sachgerechte Beurteilung der jeweiligen Aufgabenstellung ermöglicht wird. Dies bedeutet zum Beispiel  für emittierende Anlagen, deren Auswirkungen über die genannten 600 m hinaus reichen, das Beurteilungsgebiet entsprechend zu vergrößern. Es kann im Einzelfall auch bedeuten, für Emittenten mit nur geringen räumlichen Auswirkungen  das Beurteilungsgebiet ggf. zu verkleinern.

Das Ziel einer Beurteilung nach GIRL ist es, die Gesamtbelastung im Beurteilungsgebiet zu ermitteln. Dies bedeutet ggf.  auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken. Der Untersuchungsraum umfasst somit alle Geruchsemittenten, die relevant auf das Beurteilungsgebiet einwirken.

Gewichtungsfaktoren Tierhaltung

In der GIRL 2008 wurde dem unterschiedlichen Belästigungsgrad durch unterschiedliche Tierarten mit der Einführung sogenannter Gewichtungsfaktoren Rechnung getragen:

Gewichtungsfaktoren für Gerüche für einige Tierarten nach GIRL 2008
Tierartspezifische GeruchsqualitätGewichtungsfaktor f
Mastgeflügel
(Puten, Masthähnchen)
1,5
Mastschweine, Sauen
(bis zu einer Tierplatzzahl von ca. 5.000 Mastschweinen bzw. unter Berücksichtigung der jeweiligen Umrechnungsfaktoren für eine entsprechende Anzahl von Zuchtsauen)
0,75
Milchkühe mit Jungtieren
(einschl. Mastbullen und Kälbermast, sofern diese zur Geruchsimmissionsbelastung nur unwesentlich beitragen)
0,5

 

Wird die Ausbreitungsrechnung mit dem Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 durchgeführt, werden die Emissionen für die einzelnen Tierarten als separate Stoffe angegeben und sowohl die ungewichteten als auch die gewichteten Geruchsimmissionen modellintern ermittelt und ausgegeben.

Abschätzung der maximalen Geruchshäufigkeit

Um im Nahbereich geruchsemittierender Anlagen (bodennahe Quelle) eine Abschätzung über den Geruchseintrag zu treffen, ist ein relativ einfaches Verfahren entwickelt worden, das ausgehend von der meteorologischen Windhäufigkeitsverteilung die Bestimmung von Geruchshäufigkeiten ermöglicht. Beispielhaft ist nachfolgend die Anwendung auf eine Punktquelle und einen punktförmigen Immissionsort dargestellt.

grafische Darstellung der Geruchshäufigkeiten

Abb.: Beaufschlagungssektor für eine Punktquelle Q und einen Immissionsort I.Die beaufschlagte Windrichtung ist mit der grünen, gestrichelten Linie gekennzeichnet. Rot markiert ist der relevante Beaufschlagungssektor.

Durch eine Verbindungslinie zwischen Emittent und Immissionsort wird die beaufschlagende Windrichtung ermittelt. Ausgehend davon wird ein Winkel von 30° an beiden Seiten der Verbindungslinie angebracht. Der in der Abbildung rot markierte Bereich ist der Beaufschlagungssektor, der in diesem Beispiel die Windrichtungen von 228° bis 288° enthält. Durch Addition der zu den Windrichtungen gehörenden Windrichtungshäufigkeiten berechnet sich die Beaufschlagungshäufigkeit des Immissionsortes.

Der vollständige Bericht "Abschätzung der maximalen Geruchshäufigkeiten im Nahbereich" mit den weiterführenden Beschreibungen für die Behandlung anderer Quellsysteme (z. B. Flächenquellen) ist als PDF-Datei verfügbar.