© lanuv/C. Brinkmann
Sie sind hier: Startseite LANUV » Umwelt » Industrieanlagen » Untersuchungsvorhaben » naturschutz

Ermittlung des Standes des Wissens hinsichtlich der Bewertung von Auswirkungen störfallbedingter Freisetzungen auf unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle bzw. besonders empfindliche Gebiete

Bereits seit Ende der 90er Jahre verlangt der Artikel 12 der Seveso-II-Richtlinie, dass zwischen Betriebsbereichen, in denen gefährliche Stoffe gehandhabt werden, und schutzwürdigen Nutzungen wie z. B. Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden/ Gebieten sowie unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. empfindlichen Gebieten langfristig ein angemessener Abstand zu wahren ist. Im Artikel 13 der Seveso-III-Richtlinie heißt es, dass letztere langfristig durch angemessene Sicherheitsabstände oder andere relevante Maßnahmen zu schützen sind. Auf das Schutzgut Mensch bezogen werden angemessene Sicherheitsabstände mit Hilfe des Leitfadens KAS-18 ermittelt. Die Ermittlung erfolgt dort mit Hilfe normierter Szenarien. Bei Freisetzungen toxischer Gase oder Dämpfe ist der angemessene Sicherheitsabstand gekennzeichnet durch die Unterschreitung anerkannter Beurteilungswerte wie dem AEGL-2- oder dem ERPG-2-Wert, unterhalb dessen bei einer Exposition über eine Stunde eine ernste Gefahr und damit ein Störfall für den Menschen auszuschließen ist. Eine derartige Vorgehensweise scheitert derzeit bei unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen oder empfindlichen Gebieten aufgrund des Fehlens geeigneter Beurteilungswerte. Somit ist eine Bewertung dahingehend, welche Auswirkungen die störfallbedingte und damit auch kurzzeitige Exposition eines bestimmten Biotops oder einer bestimmten Spezies gegenüber einem Schadstoff haben wird, nicht möglich. Folglich kann auch keine belastbare Aussage getroffen werden, wann ein Störfall in dem Bereich zu unterstellen ist und wie groß dementsprechend angemessene Sicherheitsabstände sein sollten. Voraussetzung für eine Lösung dieser Fragestellung ist die Ermittlung des Standes des Wissens, der nunmehr mit der vorliegenden Literatur- und Datenbankrecherche dokumentiert wird. Diese beschränkt sich auf in naturschutzfachlich wertvollen und empfindlichen Gebieten angesiedelte Pflanzen sowie die Betrachtung von Auswirkungen gefährlicher Gase. Dabei wird davon ausgegangen, dass z.B. umweltgefährliche bzw. gewässergefährdende Stoffe durch passive Auffangsysteme, wie sie gemäß den Vorschriften zu wassergefährdenden Stoffen vorgeschrieben sind, sicher zurückgehalten werden.

Der vorliegende Bericht beschreibt zunächst die phyto- und ökotoxischen Wirkungen bestimmter Luftschadstoffe und die spezifischen Empfindlichkeiten charakteristischer Pflanzenarten ausgewählter FFH-Lebensraumtypen. Die Recherche ergab, dass störfallspezifische Beurteilungswerte bzw. –kriterien in der Literatur oder in Datenbanken nicht verzeichnet sind. Gefunden wurden lediglich unterschiedliche Critical Levels, vorwiegend als NOEC (No Observed Effect Concentration) oder LOEC (Lowest Observed Effect Concentration), welche sich nicht auf eine einmalige, kurzzeitige sowie hohe Schadstoffkonzentration beziehen, sondern einen kontinuierlichen Effekt einer Schadstoffbelastung beschreiben.

Der Bericht findet Eingang in die Arbeit eines Arbeitskreises der Kommission für Anlagensicherheit, in dem versucht werden wird, aus den gefundenen Werten geeignete Störfallbeurteilungswerte abzuleiten.