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Nachweis des „Safety Integrity Level (SIL)“

Nachweis des "Safety Integrity Level (SIL)" für PLT- Schutzeinrichtungen auf Basis statistischer Daten realisierter PLT- Schutzeinrichtungen

Verfahrenstechnische Anlagen in der chemischen, pharmazeutischen und petrochemischen Industrie müssen "sicher" betrieben werden, da sie ein hohes Gefährdungspotenzial für Mensch und Umwelt besitzen bzw. große Sachschäden verursachen können.

Die Entwicklung entsprechender Schutzkonzepte ist nicht zuletzt eine in der Störfall-Verordnung verankerte Forderung. Die Prozessleittechnik (PLT) leistet mit so genannten PLT-Schutzeinrichtungen einen wesentlichen Beitrag zur Anlagensicherung, wenn verfahrenstechnische Mittel wie druckfeste Bauweise, mechanische Entlastungseinrichtungen wie Sicherheitsventile oder Berstscheiben nicht anwendbar, nicht ausreichend oder unwirtschaftlich sind.

Die VDI/VDE- Richtlinie 2180 "Sicherung von Anlagen der Verfahrenstechnik mit Mitteln der Prozessleittechnik (PLT)" hat sich in den vergangenen 2 Jahrzehnten als wichtiger Leitfaden für die Entwicklung praxisgerechter Schutzkonzepte etabliert, die den Anforderungen der Störfall-Verordnung genügen. Die Zuverlässigkeitsanforderungen, die nach VDI/VDE 2180 an PLT- Schutzeinrichtungen gestellt werden, waren bislang deterministisch geprägt und rein qualitativer Art.

In den letzen Jahren sind mit Erscheinen der Normen DIN EN 61508 und DIN EN 61511 quantitative Zuverlässigkeitsanforderungen in den Fokus der Anlagensicherung mit Mitteln der Prozessleittechnik gelangt, die Betreiber und Behörden gleichermaßen vor ein Problem stellen.

Die Bewertung des abzudeckenden Risikos einer prozesstechnischen Anlage steht an erster Stelle in der Sicherheitsbetrachtung einer prozesstechnischen Anlage und kann gemäß DIN EN 61511 weiterhin mittels der in der VDI/VDE 2180 etablierten Methode des Risikographs geschehen. Daraus resultiert dann je nach Höhe des abzudeckenden Risikos ein "Safety Integrity Level (SIL)" zwischen 1 und 4 an Stelle der bisherigen "Anforderungsklassen (AK)" 1-8. Wenn dieses Risiko mit einer PLT- Schutzeinrichtung beherrscht werden soll, muss nach DIN EN 61511 für die PLT- Schutzeinrichtung eine der SIL- Einstufung gemäße Ausfallwahrscheinlichkeit (PFD) nachgewiesen werden. Das Problem ist, dass nur selten für alle eingesetzten Komponenten der PLT- Schutzeinrichtung (z.B. Temperaturfühler, Absperrarmatur) verlässliche dem Anwendungsfall angemessene Werte (Fehlerraten) zur Verfügung stehen. Insbesondere betrifft dies die Medium berührten Sensoren und Aktoren.

Es stellt sich somit die Frage, ob die problematische Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit von Sicherheitsfunktionen nach DIN EN 61511 (numerischer SIL-Nachweis mittels Softwaretools) zwingend erforderlich ist, oder ob es Alternativen dazu gibt.

Um diese Frage zu beantworten, wurde vom LUA im Jahr 2004 eine Untersuchung mit dem Thema "Durchführung einer Studie und Erstellung einer Methode zum Nachweis des "Safety Integrity Level (SIL)" in Auftrag gegeben und in zwei weiteren Teilprojekten 2005 und 2006 fortgeführt.

Eine wesentliche Erkenntnis aus der Untersuchung ist, dass der rechnerischen SIL- Nachweis durch von den Herstellern teilweise sehr pessimistisch angegebenen Fehlerraten zu übertrieben konservativer Auslegung der Schutzeinrichtungen führen kann. Es wurde nachgewiesen, dass der bisher praktizierte Zuverlässigkeitsnachweis über die Betriebsbewährung, die sich auf die Stördatenerfassung von in der Prozessindustrie real eingesetzten PLT-Schutzeinrichtungen stützt, als sinnvolle Alternative anzusehen ist. Das Projekt wird mittlerweile auch von NAMUR- Mitgliedsfirmen unterstützt und weitergeführt. Die Ergebnisse der Untersuchung sind in die neue VDI/VDE 2180 (2007) eingeflossen.