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80 Jahre NRW-Vogelschutzwarte – Vögel zeigen uns, wie intakt unsere Lebensräume sind

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80 Jahre NRW-Vogelschutzwarte im Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) bedeutet auch 80 Jahre amtlicher Vogelschutz im Tief- und Bergland, in Westfalen und Lippe ebenso wie im Rheinland. Eine der Aufgaben der Vogelschutzwarte ist, Managementpläne für die EU-Vogelschutzgebiete zu erstellen oder Konzepte zum Schutz einzelner Vogelarten. Aktuell gibt es in NRW 28 Vogelschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von über 160.000 Hektar. Über 160 unterschiedliche Brutvogelarten leben derzeit in NRW, davon sind 69 vom Aussterben bedroht oder gefährdet. „Der Schutz von Vögeln ist einer der wichtigsten Bereiche des Naturschutzes", erklärte Dr. Heinrich Bottermann, Staatssekretär des NRW-Umweltministeriums, heute (20. September 2019) im Wissenschaftspark Gelsenkirchen, beim Festakt zum 80 jährigen Jubiläum der NRW-Vogelschutzwarte. „Denn viele Vogelarten sind ein Anzeiger dafür, ob die Lebensräume intakt sind. So sind Vögel in starkem Masse abhängig von Insekten. Der Rückgang von Insekten hat direkte Auswirkungen auf viele Vogelarten. Der Schutz von Vögeln ist daher sehr viel mehr, als sich nur um eine einzelne Tierart zu kümmern. Es geht hier um gesunde und funktionierende Ökosysteme, die die gesamte Artenvielfalt betreffen".

„Durch menschliche Einflüsse und Nutzungen sind heute mehr Arten gefährdet, als je zuvor“, betonte Prof. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz. „Der Rückgang der Arten betrifft die Vogelwelt elementar. Die Vogelschutzwarte NRW setzt dieser Entwicklung bereits seit 80 Jahren etwas entgegen: Sie trägt entscheidend zum Schutz der Vogelwelt in NRW bei und hat den Natur- und Vogelschutz in NRW maßgeblich mitgeprägt.“

Für den Präsidenten des LANUV Dr. Thomas Delschen ist die Signalwirkung wichtig, die von Einrichtungen wie der Vogelschutzwarte ausgehen: „Vogelschutz ist Naturschutz der ersten Stunde, und Vogelschutzwarten gehören damit zu den prominenten Institutionen des Naturschutzes. Alleine die Bezeichnung drückt ja bereits die Bedeutung aus, den der Schutz von Vögeln für unsere gesamte Umwelt hat. Hier wird die Expertise gebündelt die es braucht, um erfolgreich und praxisnah Maßnahmen zum Schutz von Brutvögeln aller Art zu entwickeln“, erklärte Dr. Delschen.

Dabei haben sich die einzelnen Aufgaben der NRW-Vogelschutzwarte im Laufe der Jahre maßgeblich verändert, schilderte der Leiter der NRW-Vogelschutzwarte Peter Herkenrath: „Anfangs, also in den 1930er, 1940er und 1950er Jahren, war das erklärte Ziel Vögel zu schützen, die als Schädlingsbekämpfer der Land- oder Forstwirtschaft dienten. Es ging umgekehrt damals auch darum Vögel zu bekämpfen, die selber als Schädlinge galten. Über diese Kategorien sind wir schon lange hinweg. Spätestens seit den siebziger Jahren geht es für uns darum, Populationen zu erfassen und dafür Sorge zu tragen, dass der Schutzbegriff im Sinne des Arten- und Naturschutzes alleinig im Vordergrund steht“. Dazu beigetragen hat maßgeblich die EU-Vogelschutzrichtlinie, die vor 40 Jahren in Kraft trat und neue Prioritäten im Vogel- und Naturschutz vorgab.

Ein prägendes Beispiel für Maßnahmen zum Vogelschutz in NRW stellt das Programm zum Schutz von Feuchtwiesen dar, um Wiesenvögel in ihren Beständen zu sichern. Seit 1985 wurden in 92 Gebieten etwa 21.000 Hektar Fläche unter Schutz gestellt. Noch vorhandene Feuchtwiesen wurden gesichert und an anderen Stellen wiederhergestellt. Davon profitieren zum Beispiel der Große Brachvogel, die Uferschnepfe oder der Rotschenkel.

Einen wichtigen Part im Schutz von Vögeln spielt der Vertragsnaturschutz. Dieser zielt darauf ab, gemeinsam mit Landnutzern, also den Landwirtinnen und Landwirten in NRW, Maßnahmen umzusetzen und dafür Ausgleichsgelder zu gewähren. Es hat sich gezeigt, das an den Stellen, wo Maßnahmen aus dem Vertragsnaturschutz zum Einsatz kommen, die Lebensräume insgesamt und damit auch viele Vogelarten aus der Feldflur in ihren Populationen wieder ansteigen. Von Brachflächen, einem Verzicht auf das Mähen oder Uferrandstreifen profitieren zum Beispiel der Kiebitz, die Feldlerche oder das Rebhuhn.

Geschichte der NRW-Vogelschutzwarte:

Die staatlich anerkannte Vogelschutzwarte in Nordrhein-Westfalen besteht seit 1939. Hauptanlass für die Gründung war der „wirtschaftliche Vogelschutz“: einerseits Schutz und Förderung nützlicher Vogelarten zur biologischen Schädlingsbekämpfung, andererseits Bekämpfung „schädlicher“ Vogelarten, zu denen damals beispielsweise Haus- und Feldsperling gezählt wurden. Maßnahmen hierzu wurden von der Vogelschutzwarte erprobt und durchgeführt. Aber auch der Vogelartenschutz aus ethischen Gründen spielte von Anfang an eine Rolle. Nach Umbenennungen, Umzügen, Verstaatlichung und schließlich, mit dem Landschaftsgesetz NRW 1975, Integration in die damalige Landesanstalt für Ökologie, Landwirtschaft und Forsten (LÖLF) gehört die Vogelschutzwarte heute zum Fachbereich Artenschutz, Vogelschutzwarte des LANUV NRW. Wie in früheren Jahren müssen auch heute zahlreiche Fachgutachten zu allen erdenklichen Fragen des Vogelschutzes erstellt, Bestände gefährdeter Vogelarten dokumentiert und Tagungen und andere Veranstaltungen im Rahmen der Beratung und Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt werden. Wichtige Partner der Vogelschutzwarte sind damals wie heute die Vertrauensleute für Vogelschutz, der ehrenamtliche Natur- und Vogelschutz und seit Ende der 1980er Jahre insbesondere auch die Biologischen Stationen. Andere Aufgaben dagegen haben sich gewandelt. An die Stelle von praktischen Arbeiten und Untersuchungen im Gelände sind beispielsweise die Aufbereitung und Bereitstellung von Fachinformationen, Stellungnahmen zu artenschutzrechtlichen Prüfungen, wie z. B. zu Genehmigungen von Windkraftanlagen, und internationale Berichtspflichten getreten. Viele Aufgaben betreffen die EU-Vogelschutzgebiete. Und aus der „Schädlingsbekämpfung“ ist die Erarbeitung von artenschutzverträglichen Lösungen für Konflikte mit so genannten „Problemarten“ wie Kormoran, Kanadagans und Co. geworden. Einige Aufgabenschwerpunkte der nächsten Jahre werden z. B. die Fortentwicklung des Fachinformationssystems sowie die Erarbeitung von Maßnahmenkonzepten für EU-Vogelschutzgebiete und von Artenschutzkonzepten für gefährdete Arten sein.

Weitere Informationen zur Historie und den Aufgaben der NRW-Vogelschutzwarte sind zu finden in der zweiten Ausgabe 2019 der Zeitschrift „Natur in NRW“:

https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/5_natur_in_nrw/Natur-in-NRW-2-2019-web.pdf

Weitere Informationen sind zu finden unter

https://www.lanuv.nrw.de/natur/artenschutz/vogelschutzwarte

Informationen zu den Brutvögeln sind zu finden im NRW-Brutvogelatlas:

http://atlas.nw-ornithologen.de/

Der Zustand von Vögeln in NRW ist zu finden unter

http://ffh-arten.naturschutzinformationen.nrw.de/ffh-arten/de/arten/vogelarten/liste

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