Sie sind hier: Startseite LANUV » Landesamt » Veröffentlichungen » Pressemitteilungen » Pressearchiv

Pressearchiv

NRW verliert täglich Wiesen und Weiden!

Neue Zahlen des Landesumweltamtes (LANUV) belegen den Rückgang von artenreichem Grünland („Blumenwiesen“) auf knapp 12% am gesamten Dauergrünland.

„Blumenwiese“ mit Seltenheitswert in NRW © LANUV/H. König.

Nordrhein-Westfalen verliert weiter wertvolle und artenreiche Wiesenflächen. Die offizielle Agrarstatistik, die landwirtschaftliche Betriebe ab 5 Hektar berücksichtigt, zeigt, das Dauergrünland in NRW ist von 1977 bis 2013 von über 650.000 ha auf weniger als 400.000 ha zurückgegangen. Das bedeutet landesweit einen Rückgang von 38,5%. „Unsere Sorgenkinder sind die Wiesen und Weiden im Flachland, ihre Fläche schrumpfte in den letzten Jahren zunehmend“, bestätigte Dr. Thomas Delschen, Präsident des Landesumweltamtes (LANUV). So verschwanden im  Regierungsbezirk Münster allein von 1999 bis 2013 rund 24.000 Hektar (ha) Flachland- Wiesen und -Weiden, das entspricht knapp einem Drittel.

Besonders besorgniserregend ist die negative Entwicklung bei den kräuterreichen und daher besonders artenreichen, bunt blühenden Wiesen, die nur zweimal pro Jahr gemäht werden.  „Buntblühende Wiesen mit Wiesenblumen wie Margerite, mit Schmetterlingen, singenden Feldgrillen und Feldlerchen, die viele Menschen hier in NRW in ihrer Kindheit noch als alltäglich erlebt haben, sind heute kaum noch vorhanden. Margeriten sind im Flachland nur noch in 4% der Grünlandflächen vorhanden, während im Bergland diese ehemals allgegenwärtige „Wiesen-Wucherblume“ noch in 17% aller Grünlandflächen gefunden wurde. Unsere heutigen Kinder kennen den Sommergesang der Grillen und den schaukelnden Flug bunter Wiesenschmetterlinge bestenfalls noch aus dem Urlaub am Mittelmeer“, warnte Dr. Thomas Delschen.

Nach Berechnungen des Landesumweltamtes (LANUV) zur Grünland-Entwicklung schrumpften die ohnehin schon seltenen Wiesen- und Weideflächen mit höherem Naturwert nach einer bundeseinheitlichen Werteskala (HNV – High Nature Value Farmland) mit der Wertstufe I und II auf landesweit aktuell nur noch knapp 12%. Besonders deutlich ist der Rückgang im Flachland von NRW. Hier ist der Anteil der bunten Wiesen nur halb so groß wie im Bergland. 

Artenreiche Wiesen werden in NRW rar

Wiesen und Weiden gehen nicht nur in der Fläche zurück.  Auch ihre Qualität sinkt, denn in den bis heute noch verbliebenen Wiesen und Weiden nimmt die Artenzahl seit Jahren ab. „Mit den artenreichen Wiesen geht unweigerlich auch ein Stück wildes NRW verloren. Hier müssen wir gegensteuern“, sagte Minister Remmel. Artenreiche Wiesentypen wie „Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiesen“ im Flachland oder „Berg-Mähwiesen“, die traditionell als Heuwiesen genutzt werden, weisen inzwischen in ganz NRW einen schlechten Erhaltungszustand auf. Lediglich in Schutzgebieten mit Unterstützung des Vertragsnaturschutzes können derartige Wiesentypen erhalten werden. Im optimalen Zustand konnten in diesen krautreichen Wiesen über 100 Pflanzenarten mit vielen seltenen Arten der Roten Liste wie Wiesenstorchschnabel, Trollblume, Wiesenkümmel u.v.a. pro Parzelle nachgewiesen werden. Der überwiegende Anteil des verbliebenen Dauergrünlandes weist nach aktuellen Untersuchungen des LANUV jedoch nur eine mittlere Artenzahl von lediglich 8 Arten auf. Es dominieren heute wenige ertragsreiche Futtergräser. Durch hohe Stickstoffgaben, frühe und häufige Mahd sowie hohe Viehdichten haben konkurrenzschwache  Wiesenkräuter keine Überlebenschance.

Derart intensiv genutzte Grünlandflächen verlieren nicht nur ihre Pflanzenartenvielfalt, sondern es geht auch ihre Funktion als Lebensraum für viele Tierarten verloren. Braunkehlchen, Wiesenpieper und auch Feldlerchen waren noch vor wenigen Jahrzehnten landesweit regelmäßige Bewohner im extensiv genutzten Dauergrünland. Der Landesbestand des Braunkehlchens ist inzwischen auf lediglich 200 Brutreviere gesunken. Das heutige Intensivgrünland  hat die Funktion als Bruthabitat nahezu vollständig verloren. 

Aus diesen Gründen befinden sich artenreiche Wiesen und Weiden in NRW zunehmend nur noch in den Schutzgebieten.

 

Downloads

Foto: „Blumenwiese“ mit Seltenheitswert in NRW © LANUV/H. König. Der Abdruck des Fotos ist nur bei Nennung des Autors und in Verbindung mit dieser Pressemitteilung kostenfrei.