90 Jahre Fischereiökologie und Aquakultur in Albaum – Fischzucht, Artenschutz und Fischgesundheit unter einem Dach

Planungen Neubau Büro- und Laborgebäude und Modernisierung der Aquakulturen weit fortgeschritten

©LANUV

Unter der Bezeichnung „Preußische Lehr- und Versuchsanstalt für Forellenzucht“ wurde vor 90 Jahren der heutige Standort für Fischereiökologie und Aquakultur des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in Albaum gegründet. Seitdem wuchs das Aufgabenspektrum stetig und beinhaltet heute neben der modernen Aquakultur für die Speisefischproduktion auch verschiedene Artenschutzprogramme, den Bereich des Tierwohls mit eigenem Fischgesundheitsdienst, umfangreiche Biomonitoringprogramme sowie die Ausbildung zur Fischwirtin oder Fischwirt.

„Wir feiern heute mehr als nur ein Jubiläum, denn es ist uns gelungen, die Fischereiökologie hier am Standort Albaum mit ihrer wichtigen Rolle für die Aquakultur, den Artenschutzprogrammen und dem Fischgesundheitsdienst zu stärken und damit zukunftssicherer aufzustellen“, betonte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser heute (Donnerstag, 12. August 2021) bei einer Besichtigung der Fischzuchtanlagen gemeinsam mit LANUV-Präsident Dr. Thomas Delschen. „Wir feiern heute auch die Zukunft. Die Entwürfe für einen Neubau der Büro- und Laborgebäude sowie der Aquakulturanlagen liegen bereits vor. Wir stellen damit die Weichen für eine nachhaltige Modellbehörde, die nicht nur in der Zucht von Fischen für unser Wanderfischprogramm Standards setzt, sondern auch in der bundesweiten Aus-, Fort- und Weiterbildung.“

Für Präsident Dr. Thomas Delschen ist besonders wichtig, dass beim Neubau der Gebäude sowie bei den Außenanlagen nachhaltige Bauweisen zum Einsatz kommen: „Wir möchten als LANUV auch hier in Albaum modellhaft zeigen, wie nachhaltiges Bauen realisiert werden kann. Wir planen die Gebäude in Holzhybridbauweise zu errichten, dabei sollen regionales Holz und weitere recycelbare Baustoffe eingesetzt werden. Die Energieversorgung planen wir möglichst autark. Zum Einsatz kommen soll eine Photovoltaikanlage in Kombination mit einem innovativen Eisspeicher“, erklärte Dr. Delschen.

Ein Neubau der Büro- und Laborgebäude wird nötig, da die bestehenden Gebäude für die aktuellen Aufgaben nicht mehr den Anforderungen entsprechen. Vor allem für die Aufrechterhaltung des Fischgesundheitsdienstes werden Laboreinrichtungen auf dem aktuellen technischen Standard benötigt. Um auch weiterhin der Aufgabe als Ausbildungs- und Weiterbildungseinrichtung mit bundesweiter Bedeutung gerecht zu werden, müssen zudem die Büro- und Lehreinrichtungen modernisiert werden. Dazu gehören dann auch Aquakulturen nach dem neuesten Stand der Technik. „Für die Modernisierung der Aquakulturen haben wir die Überschrift ‚Aquakulturen 2.0‘ gewählt“, erläuterte Dr. Delschen. „Die Aquakulturen bilden die Grundlage für fast alle weiteren Aufgaben hier in Albaum. Wir möchten daher auch in diesem Bereich als Ideengeber und Entwicklungsmotor fungieren. Unser Ziel ist, eine für die nächsten Jahrzehnte nachhaltige und klimaresiliente Aquakultur zu realisieren.“

Ministerin Heinen-Esser hob die guten Standortbedingungen in Albaum besonders hervor, die dazu führten, die Neubauplanungen an gleicher Stelle zu realisieren: „Der Standort Albaum ist und bleibt ein sehr guter, denn alleine im Kreis Olpe werden fast ein Drittel aller in Nordrhein-Westfalen erzeugten Forellen produziert. Das saubere und kalte Quellwasser hier in Albaum bietet ideale Vorrausetzungen für die Zucht von Lachsen für den Artenschutz oder Forellen für die Fischwirtschaft. Daher ist der Fachbereich Fischereiökologie und Aquakultur ein wichtiger Baustein der Landesregierung nicht nur für den Artenschutz, sondern auch für die Weiterentwicklung einer nachhaltigen und regionalen Lebensmittelerzeugung“, sagte Ministerin Heinen-Esser.

Nach Bayern und Baden-Württemberg ist Nordrhein-Westfalen der drittgrößte Forellenproduzent in Deutschland. Aquakulturen spielen in der Fischproduktion dabei eine immer größere Rolle. Fische besitzen zum Beispiel eine bessere Futterverwertung und eine höhere Schlachtausbeute als Rinder, Schweine und Geflügel. Auch benötigt die Aquakultur im Vergleich dazu weniger Land und Wasser. Diese Aspekte tragen zu einer nachhaltigeren Erzeugung tierischer Lebensmittel bei. Hinzu kommen kurze Transportwege und damit ein geringer ökologischer Fußabdruck, wenn regional erzeugter Fisch auch regional vermarktet wird.

Hintergrundinformationen zu den Aufgaben des LANUV-Standortes in Albaum:

Im Rahmen verschiedener Artenschutzprojekte werden am LANUV-Standort Albaum gefährdete Fisch-, Krebs- und Muschelarten gezüchtet. Für die Zielerreichung des Artenschutzgroßprojektes „Wanderfischprogramm NRW“ wird eine Lachselternfischhaltung betrieben aus der jährlich eine Million Junglachse für die Wiederansiedlung in nordrhein-westfälischen Fließgewässern zur Verfügung gestellt werden. Zur Stützung der europäischen Aalbestände werden jährlich ebenfalls etwa eine Million Jungaale in die nordrhein-westfälischen Fließgewässer ausgebracht. Auch werden die letzten noch vorhandenen Großmuschelpopulationen durch ein gezieltes Vermehrungsprogramm freilebender Elterntiere unterstützt.

Der Fischgesundheitsdienst NRW mit Sitz in Albaum untersucht unter anderem den Gesundheitszustand freilebender Fische sowie aus Aquakultureinrichtungen. Die Untersuchungsergebnisse tragen dazu bei, gesunde Fischbestände in Aquakulturbetrieben zu erhalten und Strategien für Wiederansiedlungsprojekte zu entwickeln. Durch die ständige Erweiterung moderner Laboranalytik- und Diagnostikverfahren konnten jüngst neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich der Virusdiagnostik von Fischen erzielt werden. Weiterhin wird an insgesamt 1.500 Probestellen in NRW der Zustand der freilebenden Fischbestände erhoben und bewertet. Für die Genesung und den Erhalt natürlicher Gewässerlebensräume berät der Fachbereich bei Renaturierungsmaßnahmen und der Wiederherstellung der Fischdurchgängigkeit.

Der Fachbereich Fischereiökologie und Aquakultur ist gleichzeitig Schulungszentrum für Fischerei- & Umweltbildung sowie der größte Ausbildungsstandort für den Lehrberuf Fischwirtin/Fischwirt in NRW und als einer von nur insgesamt drei Standorten in Deutschland zuständig für die Überbetriebliche Ausbildung in diesem Lehrberuf. Die Angebote der Aus-, Fort- und Weiterbildungskurse nehmen jährlich rund 600 bis 800 Menschen in Anspruch. In enger Zusammenarbeit mit den Fischzuchtbetrieben in NRW werden aktuell innovative Fischzuchttechniken untersucht, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden.

Weitere Informationen zu den Aufgaben des Fachbereiches „Fischereiökologie und Aquakultur“ sind zu finden unter

https://www.lanuv.nrw.de/natur/fischereioekologie-und-aquakultur

In der Broschüre „(Unter-)Wasserwelten. Bäche, Flüsse und Seen in Nordrhein-Westfalen“ des NRW-Umweltministeriums wird die 90 jährige Geschichte der NRW-Fischereiökologie beschrieben sowie das NRW-Wanderfischprogramm:

https://www.umwelt.nrw.de/mediathek/broschueren/detailseite-broschueren?backId=147&broschueren_id=14749&cHash=f1eb7d52dcc76be171758b231e6aeab8

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